Rom (epd). Der Jesuitenpater Hans Zollner kritisiert den zögerlichen Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland. Kirchenverantwortliche hätten „noch immer nicht begriffen, dass es sich um eine Zukunftsfrage handelt“, sagte Zollner, der Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz Minderjähriger ist, am Freitag in Rom. Zugleich mahnte er mehr Transparenz an.
Anlass war ein Gespräch mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und einer Delegation des katholischen Bistums Dresden-Meißen am Donnerstagabend. Zollner ist auch Direktor des Safeguarding-Instituts der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (IADC).
Bei den öffentlichen Äußerungen von Kirchenseite zum Thema sieht er großen Verbesserungsbedarf. Eine seiner größten Sorgen sei, „dass immer nur vom 'Wir' gesprochen wird und kaum vom 'Ich', wenn es um die Übernahme von Verantwortung geht“, sagte Zollner. Deswegen komme es nicht zu personellen Konsequenzen. Es müsse jedoch „alles auf den Tisch“.
Zugleich mahnte er eine andere Haltung an, nicht nur das Erfüllen von Präventionsstandards. „Bei den Leitlinien sind wir gut aufgestellt, aber das allein ändert nichts daran, ob wir uns den Betroffenen und ihren Anliegen wirklich öffnen“, sagte Zollner: „Das müssen wir wollen, vom Bischof bis zum Gemeindemitglied.“
In Italien sei der sexuelle Missbrauch ebenso wie in anderen Erdteilen noch immer kein gesellschaftliches Thema, sagte er. Er rechne daher in der katholischen Kirche, aber auch in den protestantischen Kirchen wie in anderen Religionen noch mit Jahren oder Jahrzehnten der Auseinandersetzung.