Berlin (epd). Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen dringt auf eine rasche Beratung der Regierungskoalition über Corona-Infektionsschutzregeln für den Herbst. Das Warnsignal, das von dieser Sommerwelle ausgehe, müsse ernstgenommen werden, sagte Dahmen den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). „Wenn wir unvorbereitet in den Herbst gehen ohne ein breit angelegtes Programm für Auffrischungsimpfungen und ohne eine Rechtsgrundlage, die wirkungsvolle Maßnahmen wie Maskenpflicht in Innenräumen möglich macht, dann müssen wir befürchten, dass es insbesondere in den hochbetagten Altersgruppen nochmals viele Todesfälle zu beklagen geben könnte.“
Die aktuellen Regelungen im Infektionsschutzgesetz sind befristet auf den 23. September dieses Jahres. Bis dahin sei es nicht mehr lang, mahnte Dahmen. „Wir sollten deshalb keine Zeit verlieren und vorausschauend noch vor der Sommerpause in die parlamentarische Befassung einsteigen für ein neues, konsequentes Infektionsschutzgesetz“, forderte er.
Zentrale Grundlage der Diskussion soll demnach die Herbst-Winter-Stellungnahme des Expertenrats der Ampel-Koalitionspartner sein. Diese liegt seit vergangener Woche vor. Die FDP will dagegen eine Evaluierung der bisherigen Maßnahmen abwarten, die erst Ende des Monats kommen soll.
Der Dortmunder Immunologe Carsten Watzl rechnet unterdessen mit einer sich aufbauen Sommerwelle von Corona-Infektionen, die wieder Inzidenzen im hohen Hunderter-Bereich bringen könnte. Zu sehen seien aktuell zwei Entwicklungen, die gegeneinander arbeiteten, sagte Watzl den Funke-Zeitungen. „Zum einen ein saisonaler Effekt, der die Zahlen drückt, und auf der anderen Seite mit Omikron anders als in vergangenen Sommern eine Variante, die deutlich ansteckender ist.“ Er denke aber nicht, dass die Variante BA.5 den saisonalen Effekt komplett aufheben werde. „Wahrscheinlich werden wir es mit Inzidenzen im Bereich von 500, 600, 700 zu tun haben“, prognostizierte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
Watzl rief die Bevölkerung dazu auf, vulnerable Gruppen durch verantwortungsvolles Verhalten zu schützen. „Große Veranstaltungen draußen mit vielen jungen Leuten wie Festivals zum Beispiel sind erstmal unproblematisch“, sagte er. Schwierig werde es, wenn diese alle am nächsten Wochenende ihre Großeltern besuchen würden, ohne sich vorher zu testen. „Da appelliere ich an die Eigenverantwortung der Menschen.“