Gericht: Großes Eigenheim bei Hartz IV nicht geschützt

Gericht: Großes Eigenheim bei Hartz IV nicht geschützt

Karlsruhe (epd). Der Auszug der Kinder aus dem Eigenheim kann für Hartz-IV-Bezieher nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gravierende Folgen haben. Denn ist das Eigenheim oder die Eigentumswohnung wegen des Wegzugs der Kinder für die verbliebenen Bewohner nun zu groß und damit nicht mehr angemessen, ist der vom Jobcenter verlangte Verkauf der Immobilie „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“, entschieden die Karlsruher Richter in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (AZ: 1 BvL 12/20).

Nach den gesetzlichen Bestimmungen darf das Jobcenter „ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung“ nicht als zu verkaufendes Vermögen berücksichtigen. Die angemessene Größe eines Hausgrundstücks richtet sich dabei nach der aktuellen Bewohnerzahl. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatte hierzu im Oktober 2016 in einem Hartz-IV-Fall geurteilt, dass bei einem späteren Auszug der Kinder aus dem Eigenheim die Unterkunft für die verbliebenen Hilfebedürftigen zu groß und nicht mehr angemessen sein kann (AZ: B 4 AS 4/16 R).

Dies hatte im aktuellen Rechtsstreit auch das Jobcenter so gesehen. Das auf Hartz IV angewiesene Ehepaar war 1997 mit seinen sechs Kindern in ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 144 Quadratmeter eingezogen. Als das letzte Kind im April 2013 auszog, war die Größe des Hauses für das Ehepaar nicht mehr angemessen. Angemessen seien vielmehr 90 Quadratmeter, so das Jobcenter. Damit zähle das Eigenheim nicht mehr als Schonvermögen. Der Verkauf des Hauses sei daher zumutbar.

Das Sozialgericht Aurich hielt diese Praxis für verfassungswidrig. Das Ehepaar habe in seiner vorangegangenen Lebensphase Kinder betreut und eine größere Wohnung vorhalten müssen. Es sei diskriminierend, wenn dieses Vermögen nun nicht mehr geschützt sei.

Dass die angemessene Größe einer Unterkunft sich nach der aktuellen Bewohnerzahl richtet, ist jedoch nicht zu beanstanden, entschied das Bundesverfassungsgericht. In der Grundsicherung würden staatliche Leistungen „nachrangig“ gewährt. Nur bei Bedürftigkeit müssten Sozialleistungen gewährt werden. Sei das Eigenheim wegen des Auszugs der Kinder nun unangemessen groß für die verbliebenen Bewohner, liege keine Bedürftigkeit mehr vor. Der Verkauf der Immobilie sei dann zur Existenzsicherung zumutbar. „Denn auch der soziale Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen aktuell Bedürftigkeit vorliegt“, erklärte das Bundesverfassungsgericht.