Berlin (epd). Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) geht davon aus, dass Religion im politischen Diskurs nicht an Bedeutung verliert. Aus westlicher Perspektive erscheine Beobachtern die Säkularisierung als eine der hervorstechendsten und nicht abwendbaren Merkmale der Gegenwart, sagte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung am Dienstag in Berlin. Der Eindruck täusche aus seiner Sicht doppelt, fügte Lammert hinzu.
Zum einen seien Religionen weder aus den Gesellschaften noch aus der Politik verschwunden. Zum anderen neigten Europäer dazu, „die eigene Entwicklung als die einzig Mögliche zu halten“, sagte Lammert. Weltweit erlebe man aber eine Revitalisierung von Religion im öffentlichen Raum, zugleich auch eine stärkere Instrumentalisierung. „Darüber wollen und müssen wir auch reden“, sagte Lammert.
Er verteidigte das deutsche Verhältnis von Staat und Kirchen. Die historisch gewachsene Trennung solle aufrechterhalten werden. Zugleich müsse es aber auch „eine intelligente Verbindung“ geben. Es sei nicht so, „als hätten die beiden nichts miteinander zu tun“.
Lammert äußerte sich bei einer Veranstaltung zum 70. Jahrestag des Evangelischen Arbeitskreises der CDU und CSU (EAK), die von der Adenauer-Stiftung ausgerichtet wurde. Der Vorsitzende des Arbeitskreises, Thomas Rachel, verteidigte wie zuvor auch Lammert das „C“ im Namen der Unionsparteien. Erst durch das brückenbauende Fundament des „C“ würden soziale, liberale und konservative Anliegen in der Partei in einen Austausch gebracht und versöhnt, sagte Rachel.
„Wer das ,C' im Parteinamen abschafft, der schafft die Union ab. Davon bin ich überzeugt“, sagte Rachel. Der CDU-Politiker hatte im vergangenen Jahr eine Diskussion um die Streichung des „C“ aus dem Parteinamen bereits scharf kritisiert.
Der Evangelische Arbeitskreis der Union wurde am 14. März 1952 in Siegen gegründet. Anliegen war es damals, die evangelischen Stimmen in den Unionsparteien zu stärken. Die konfessionellen Unterschiede haben über die Jahre innerhalb der CDU und CSU wie auch gesamtgesellschaftlich an Bedeutung verloren. Heute versteht sich der Arbeitskreis vor allem als innerparteiliches Forum für Wertediskussionen sowie Brücke zwischen Politik und Kirchen.
Zudem wirbt er bei Protestanten dafür, sich in der Politik zu engagieren. Dass sie es in einer nach wie vor stark katholisch geprägten Union täten, sei nicht selbstverständlich, sagte Rachel. Er ist seit 2003 Vorsitzender des EAK. Am Dienstag feierte der Bundestagsabgeordnete, der auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, zugleich seinen 60. Geburtstag. Dazu gratulierte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Es sei wunderbar, dass er seinen großen Erfahrungsschatz aus Kirche und Politik in den Rat der EKD einbringe.
Prominente Vorgänger von Rachel im EAK sind unter anderem der frühere Bundespräsident Roman Herzog und Altkanzlerin Angela Merkel (beide CDU). Der EAK hat heute nach eigenen Angaben rund 130.000 Mitglieder. Vor rund 20 Jahren war es noch mehr als 200.000. Der Anteil der Protestanten ist dabei aber gleich geblieben. Sie machen rund ein Viertel der Unionsmitglieder aus.