Rentenexperte: Schweden taugt kaum zum Vorbild

Rentenexperte: Schweden taugt kaum zum Vorbild
08.04.2022
epd
epd-Gespräch: Markus Jantzer

Düsseldorf (epd). Der Rentenexperte der Hans-Böckler-Stiftung, Florian Blank, sieht die Überlegungen der Bundesregierung, eine gesetzliche Aktienrente wie etwa in Schweden einzuführen, skeptisch. „In Schweden ist es unter anderem aufgrund der Entwicklung der Kapitalmärkte schon zu Rentenkürzungen gekommen“, sagte der Düsseldorfer Wirtschaftsforscher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine stärkere Rolle der Finanzmärkte in der Alterssicherung sei kein Garant für stabile Renten. Die Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag „in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen“.

„Mit Blick auf die Leistungen für Rentnerinnen und Rentner taugt Schweden kaum zum Vorbild, die öffentliche Alterssicherung dort spielt in etwa in einer Liga mit unserer Rentenversicherung“, stellt der Wirtschaftsforscher fest. In einer neuen Studie kommt Blank zu dem Ergebnis, dass Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen in Schweden besser fahren als im deutschen Rentensystem.

Positiv hervorzuheben sei die einheitliche Absicherung aller Erwerbstätigen, also auch der Beamten und Selbstständigen. Es sind also - anders als in Deutschland - alle Erwerbstätigen Pflichtmitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung.

„Interessant finde ich aus der deutschen Perspektive auch, dass die Arbeitgeber einen größeren Anteil an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung übernehmen als die Beschäftigten“, sagte Blank. Die Beschäftigten tragen sieben Prozentpunkte und die Arbeitgeber 10,21 Prozentpunkte. Darüber hinaus finanzieren die Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung. Davon profitieren laut Blank 90 Prozent der Beschäftigten, da sie zusätzlich durch Betriebsrenten abgesichert sind.

Ob die Rente in Schweden besser als in Deutschland den gewohnten Lebensstandard sichert, sei „schwierig zu beantworten“. Nach seiner Analyse könnten Erwerbstätige in Schweden, die 2020 ins Berufsleben gestartet sind und ein durchschnittliches Entgelt bezogen haben, „brutto in etwa gleich hohe Bezüge erwarten wie in Deutschland“, sagte Blank.

Menschen am unteren Ende der Einkommensskala erhalten in Schweden mit der sogenannten Garantierente eine Mindestsicherung. Sie sei allerdings nicht armutsfest, da sie für Alleinstehende maximal rund 850 Euro betrage. Hinzu komme eine spezielle Voraussetzung für den Bezug der Garantierente: Sie verlangt eine 40-jährige Anwesenheit im Land, erreicht also häufig Menschen mit Migrationshintergrund nicht.