Högel-Prozess: Richter fragt nach Morden in Delmenhorst

Högel-Prozess: Richter fragt nach Morden in Delmenhorst
Zum vermutlich letzten Mal stand Patientenmörder Niels Högel im Rampenlicht. Nach neun Verhandlungstagen entließ das Gericht ihn wieder in das Gefängnis Oldenburg, wo er eine lebenslange Haft verbüßt. Am Ende belastete er seinen einst besten Freund.

Oldenburg (epd). Im Prozess gegen ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel hat der Ex-Krankenpfleger am Donnerstag angedeutet, sein damals bester Freund und Kollege könnte von seinen Taten zumindest etwas geahnt haben. Högel stand mutmaßlich zum letzten Mal im Zeugenstand. Am Freitag (8. April) soll der psychologische Sachverständige Max Steller dessen Glaubwürdigkeit beurteilen. Steller hatte bereits 2019 Högel eine „hohe Lügenneigung und eine hohe Lügenbereitschaft“ bescheinigt. Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann entließ Högel als Zeugen unvereidigt. (Az.: 5 Ks 20/16)

Wiederholt betonte Högel, dass er bis zum Schluss von Kollegen nie direkt auf mögliche Taten angesprochen worden sei. Allerdings habe er seinem besten Freund, der lange Zeit mit Högel zusammengearbeitet hat, erzählt, er habe „Mist gebaut“ und Dinge getan, die er nicht hätte tun dürfen. Auch hätten sie seinen Spind zusammen ausgeräumt. Darin seien neben medizinischen Instrumenten auch Medikamente gewesen, mit denen er damals Patienten vergiftete. Dieser Freund könne zumindest etwas geahnt haben. Allerdings hätten die beiden nie über konkrete Taten geredet.

Intensiv fragte der Richter nach einer Delmenhorster Patientin, die beim Versuch der Vergiftung unerwartet aufgewacht war. Högel sagte, er habe sein Vorhaben dann abgebrochen. Die Patientin hatte anschließend einer Krankenschwester von dem Vorfall berichtet. Doch habe die Kollegin die Patientin beruhigt und dies ihm auch so erzählt, sagte Högel.

Vor Gericht stehen sieben frühere Vorgesetzte Högels. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hätten sie dessen Mordtaten mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindern können. Ihnen sei von bestimmten Zeitpunkten an klar gewesen, dass von Högel eine Gefahr für die Patienten ausgehe. Zur Verhandlung stehen drei Tötungsdelikte in Oldenburg und fünf in Delmenhorst.

Unter den Angeklagten sind Ärzte, Verantwortliche aus der Pflege und ein früherer Geschäftsführer. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht zu einer lebenslangen Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.