Anschlag auf Flüchtlinge: Verdächtiger nach über 30 Jahren gefasst

Anschlag auf Flüchtlinge: Verdächtiger nach über 30 Jahren gefasst
Der Ghanaer Samuel Kofi Yeboah kam vor rund 30 Jahren bei einem Brandanschlag in Saarlouis ums Leben. Nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft ist am Montag ein Deutscher festgenommen worden. Der Mann befindet sich in Untersuchungshaft.

Karlsruhe, Saarlouis (epd). Mehr als 30 Jahre nach dem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis mit einem Toten und zwei Verletzten hat die Polizei den mutmaßlichen Täter gefasst. Die Bundesanwaltschaft ließ den Verdächtigen am Montag festnehmen, der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof ordnete Untersuchungshaft an.

Dem Mann werden nach Angaben der Bundesanwaltschaft Mord, versuchter Mord sowie Brandstiftung mit Todesfolge vorgeworfen. Er habe das Feuer aus rassistischen und rechtsextremistischen Motiven heraus gelegt.

Am 19. September 1991 war der damals 27-jährige Ghanaer Samuel Kofi Yeboah bei dem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis-Fraulautern ums Leben gekommen. Zwei weitere Menschen retteten sich durch Sprünge aus dem Fenster und erlitten Knochenbrüche. Den übrigen 18 Bewohnern gelang es, sich unverletzt in Sicherheit zu bringen.

Vor rund zwei Jahren hatte die Bundesanwaltschaft den Fall übernommen. Die zuvor bei der Justiz im Saarland geführten Ermittlungen waren eingestellt worden, nachdem ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Die Ermittlungen seien „auf Grundlage neuer Erkenntnisse“ neu aufgenommen worden, hieß es.

Parallel dazu hatte der saarländische Landespolizeipräsident Norbert Rupp im August 2020 die Arbeitsgruppe „Causa“ eingerichtet, um die damalige Sachbearbeitung zu untersuchen und mögliche Versäumnisse festzustellen. „Ich entschuldige mich im Namen des Landespolizeipräsidiums dafür, dass offensichtlich auch Defizite in der damaligen Polizeiarbeit zur Einstellung der Ermittlungen geführt haben“, sagt Rupp am Montag.

Da die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft noch nicht abgeschlossen seien, hätten noch keine an dem damaligen Ermittlungsverfahren Beteiligten befragt werden können, teilte das Landespolizeipräsidium mit. Dennoch habe es erste Erkenntnisse gegeben. Demnach wurden Defizite bei Erhebung, Bewertung und Weitergabe von Informationen festgestellt. Diese Versäumnisse würden nun aufgearbeitet.

Die saarländische Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb (SPD) nannte die Festnahme „unerträglich spät“. Ohne die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft wäre der mutmaßliche Täter nie festgenommen worden, schrieb die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion bei Twitter. „Das Vorgehen von Polizei und Justiz im Saarland muss uns jetzt beschäftigen.“

Der mutmaßliche Täter soll sich am Abend des 18. Septembers 1991 in einer Gaststätte in Saarlouis mit rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen unter anderem über die rassistisch motivierten Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer in Hoyerswerda unterhalten haben. „Die Gesprächsteilnehmer machten deutlich, dass sie die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutheißen würden“, erklärte die Bundesanwaltschaft.

Nach Schließung der Gaststätte habe sich der Mann zu dem Wohnheim für Asylbewerber begeben, im Treppenhaus des Erdgeschosses Benzin ausgeschüttet und entzündet. Das Feuer habe sich mit großer Geschwindigkeit im gesamten Treppenhaus ausgebreitet und im Flur des Dachgeschosses den 27-jährigen Ghanaer erfasst, der an schwersten Verbrennungen und einer Rauchvergiftung starb.