Lauterbach rechnet mit Mehrheit für Corona-Impfpflicht im Bundestag

Lauterbach rechnet mit Mehrheit für Corona-Impfpflicht im Bundestag
Kliniken und Ärzteschaft warnen vor einem Scheitern
Krankenhäuser und Ärztevertreter dringen auf eine schnelle allgemeine Corona-Impfpflicht. Ansonsten drohe bei einer neuen massiven Corona-Welle eine Überlastung der Kliniken. Gesundheitsminister Lauterbach rechnet mit einer Mehrheit im Bundestag.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht ungeachtet der parlamentarischen Widerstände weiter von der Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht aus. Der SPD-Politiker sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, er rechne damit, dass der Bundestag am kommenden Donnerstag die allgemeine Impfpflicht gegen Covid beschließe. Wenn es im kommenden Herbst wieder eine Lage wie jene der vergangenen Monate gebe, werde man erneut vieles dichtmachen müssen, warnte der Minister. Krankenhäuser und Ärztevertreter dringen auf die schnelle Einführung einer Corona-Impfpflicht.

„Nur eine möglichst hohe Impfquote wird uns aus der immer wiederkehrenden Gefahr herausholen, die Kliniken zu überlasten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). „Wenn es keine Mehrheit für eine Impfpflicht ab 18 Jahren gibt, brauchen wir als Kompromiss eine Impfpflicht ab 50. Jeder, der sich vor einem schweren Verlauf schützt, entlastet damit die Kapazitäten im Krankenhaus“, sagt er der „Welt am Sonntag“. Wenn gar keine Impfpflicht zustande komme, stehe auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht infrage: „Diese ist dann den betroffenen Krankenhaus-Beschäftigten nicht mehr erklärbar“, so Gaß.

Kassenärztechef Andreas Gassen sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Sonntag, online): „Wenn es zu einer Impfpflicht kommen sollte, so muss diese rechtssicher durchführbar und nachvollziehbar sein“. Doch noch immer seien viele organisatorische und technische Fragen „völlig offen“, kritisierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Wenn die Politik die zahlreichen offenen Fragen nicht zeitnah klar beantworte, „bringt sie eine Impfpflicht auf den Weg, die als Tiger startet und Bettvorleger landet, weil die zugrunde liegende Regelung praktisch nicht umgesetzt werden kann“.

Die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, forderte, die Impfpflicht müsse sofort eingeführt werden und nicht erst im Herbst. „Damit die Impfpflicht auch rechtzeitig gegen eine weitere Corona-Welle wirken kann, müssen wir uns beeilen und dürfen nicht mehr wochenlang warten“, sagte Johna dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag). Der Marburger Bund befürchtet, dass die Krankenhäuser bei einer massiven Corona-Welle im Herbst wieder enormen Belastungen ausgesetzt wären.

„Wenn es keine Mehrheit für eine Impfpflicht ab 18 Jahren gibt, brauchen wir zumindest eine Impfpflicht für alle ab 50 Jahren“, sagte Johna. Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt sagte der „Welt am Sonntag“: „Die Einführung einer Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren wäre ein guter Schritt, um eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.“

Der Deutsche Städtetag warnte vor einem Scheitern der allgemeinen Corona-Impfpflicht. „Wir riskieren im Herbst wieder viele schwere Krankheitsverläufe, falls die Impfpflicht nicht kommt“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Für eine deutliche Erhöhung der Impfquote sei „eine Impfpflicht ab 18 Jahren eindeutig besser geeignet als ab 50 Jahren“, erklärte Dedy.

Auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) unterstrich die Notwendigkeit einer Corona-Impfpflicht. Die Fraktionen im Bundestag müssten sich auf einen Kompromiss zur Einführung einer Impfpflicht einigen, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag). Die Impfpflicht müsse auf zwei Jahre befristet sein.