Halle, Wittenberg (epd). Der Regionalbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Johann Schneider, hat die Rolle der russisch-orthodoxen Kirche im Ukraine-Krieg kritisiert. Sie legitimiere den Anspruch Moskaus auf die Ukraine, sagte der für den Propstsprengel Halle-Wittenberg zuständige Schneider dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die russisch-orthodoxe sei eine postsowjetische Kirche, die aus einer totalitären Tradition der Unterdrückung der Religion stamme, sagte der Ostkirchen-Experte. Das Patriarchat verhalte sich nach dem Prinzip, dass die Kirche „ein Zahnrad im Dienst des Staates, des Zaren, Putins“ ist. Der russische Präsident Wladimir Putin instrumentalisiere das Moskauer Patriarchat.
Aussagen der Moskauer Jubiläumssynode aus dem Jahr 2000 über ein geregeltes Staat-Kirche-Verhältnis gehen Schneider zufolge im Wesentlichen auf das heutige Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., zurück. Kyrill war damals für die Außenbeziehungen des Patriarchats zuständig. „Er tritt jetzt seine eigenen Grundsätze mit Füßen“, beklagte der Regionalbischof.
Bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe das Moskauer Patriarchat den Anspruch der Ukraine, eine eigenständige Nation zu sein, verneint. Es vertrete den Anspruch, für die Gesamtheit aller russischsprachigen Menschen zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund sei es „phänomenal“, dass sich der Metropolit der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine, Onufri, nach den russischen Angriffen auf sein Land klar positionierte. Das Oberhaupt der Kirche, der laut Schneider der Großteil der Gläubigen in der Ukraine angehört, habe den Krieg als Sünde verurteilt. Diese Position könne er vertreten, weil das Patriarchat seit jeher relativ unabhängig gewesen sei: „Auch die vorherigen Metropoliten ließen sich nicht viel sagen aus Moskau.“
Die von Patriarch Onufri geleitete Kirche konkurriert laut Schneider mit der wesentlich kleineren orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats. Deren nicht von Moskau anerkannter Patriarch Epiphani kritisierte den russischen Angriff Schneider zufolge als Gotteslästerung.