Aktivistin Mau: Deutschland ist das Zielland für Menschenhandel

Aktivistin Mau: Deutschland ist das Zielland für Menschenhandel
09.03.2022
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Frankfurt a.M. (epd). Die Autorin und Aktivistin Huschke Mau sieht eine Gefahr für geflüchtete Frauen aus der Ukraine, von Zuhältern an der Grenze für die Prostitution angeworben zu werden. „Deutschland macht sich schuldig. Wir sind das Zielland für Menschenhandel“, sagte Mau dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es gebe viele junge Rumäninnen und Bulgarinnen in den deutschen Bordellen. Auch Ukrainerinnen würden bald dort sein.

Medienberichten zufolge beobachten Helfer an den Grenzen in den vergangenen Tagen Szenen, in denen europäische Männer junge Ukrainerinnen anwerben wollen. „Wir dürfen nicht länger das Land sein, das dafür bekannt ist, die Notlage von Frauen auszunutzen. Das muss uns endlich peinlich werden“, forderte Mau, Autorin des jüngst erschienenen Buchs „Entmenschlicht. Warum wir Prostitution abschaffen müssen“. Mau hat selbst mehrere Jahre als Prostituierte gearbeitet, ihr gelang der Ausstieg. Heute ist sie Geisteswissenschaftlerin und promoviert derzeit an einer ostdeutschen Universität.

Sie hege die Hoffnung, dass die große Solidarität mit den geflüchteten Ukrainerinnen endlich ein breites Mitgefühl erzeuge. Es müsse die Erkenntnis wachsen, dass es verlogen sei, sich solidarisch zu erklären, und in einem halben Jahr fänden sich einige Frauen in den Bordellen wieder und müssten sich sexuell ausbeuten lassen.

Mau fordert die Abschaffung der bestehenden Prostitutionsgesetze und die Einführung des sogenannten nordischen Modells, das Prostitution als Gewalt definiert, eine Entkriminalisierung von Prostituierten und die Bestrafung von Freiern beinhaltet. Es enthält außerdem staatlich garantierte Ausstiegshilfen aus der Prostitution. In Schweden war das Modell als erstes eingeführt worden.

Beispielsweise habe die Corona-Pandemie dazu geführt, dass Prostituierte hohe Bußgelder bekommen hätten, weil sie aus Not weiter gearbeitet hätten. Ihre Freier hingegen hätten sehr viel geringere Bußgelder wegen des Verstoßes gegen die Hygienemaßnahmen erhalten.

In der Gesellschaft müsse sich die Auffassung durchsetzen, dass sich die meisten Frauen nicht freiwillig prostituierten. „Fakt ist, Sex wird in der Prostitution hingenommen. Das Geld, das dafür gegeben wird, überdeckt das Nein“, sagte Mau. Man müsse sich fragen, ob man weiter eine Gesellschaft wolle, in der das Bild vorherrsche, dass Männer Sex ökonomisch erpressen dürfen.