Köln (epd). Die Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki ins Amt des Kölner Erzbischofs am Aschermittwoch ist trotz seines Rücktrittsangebots von katholischen Laien und Verbänden kritisch aufgenommen worden. So sieht das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) „keine Basis für einen Neuanfang“ und forderte Papst Franziskus am Mittwoch zum Handeln auf. Hunderte Menschen demonstrierten vor dem Kölner Dom. Woelki selbst bat die Gläubigen in einem Brief um Geduld, Unterstützung und die Chance auf einen Neuanfang. Er war nach knapp fünfmonatiger Auszeit zurückgekehrt, öffentliche Termine wurden aber vorab abgesagt.
ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp äußerte im „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Online) die Hoffnung, dass Papst Franziskus „den Ernst der Lage erkennt und so schnell als möglich auf die Bereitschaft des Kardinals zum Rücktritt reagiert“. „Den Rückhalt der Gläubigen im Erzbistum Köln hat er in weiten Teilen verloren“, betonte sie und verwies auf eine kürzlich veröffentlichte Forsa-Umfrage. Mit einer Annahme des Rücktrittsgesuchs „bestünde die Chance, dass in der Erzdiözese der Versuch gemacht werden kann, endlich wieder Vertrauen aufzubauen.“
Ähnlich äußerte sich der Diözesanverband des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Der Papst solle das Angebot annehmen, denn das Vertrauen in die Bistumsleitung sei „durch den Umgang mit den Betroffenen sexualisierter Gewalt und die an vielen konkreten Fällen misslungene Aufarbeitung nachhaltig gestört“, erklärte der Dachverband der katholischen Jugendverbände im Erzbistum Köln.
Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ forderte von Franziskus ebenfalls die Annahme des Rücktrittsgesuchs. „Das Kölner Erzbistum braucht jetzt endlich einen klaren Neuanfang mit Mediation und einem transparenten Beteiligungsverfahren bei der Bischofsbestellung, wie es der Synodale Weg formuliert hat“, hieß es.
Für eine baldige Entscheidung des Papstes plädierte auch der Kölner Stadtdechant Robert Kleine. „Denn eine weitere Zeit der Unklarheit, wie es im Erzbistum Köln weitergeht, ist weder den Gläubigen noch Kardinal Woelki zuzumuten“, sagte er. Kleine begrüßte „den Willen des Erzbischofs, in einen neuen Dialog mit den Gläubigen in unserem Erzbistum einzutreten, indem er vor allem zuhören möchte“. Bisher habe es zu wenig Teilhabe an Entscheidungsprozessen, mangelnde Transparenz sowie eine ungenügende Dialogbereitschaft mit Gremien und Einzelnen gegeben, kritisierte er.
Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Josef Bode, bezeichnete die Lage im Erzbistum Köln als schwierig. „In Köln ist Vertrauen gebrochen vom Domkapitel bis zum Kirchenvolk“, sagte Bode der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Online). Es gehe nicht mehr nur um den Umgang mit Aufarbeitung, „sondern vielmehr um den gesamten Leitungsstil“. Er hoffe auf ein gutes Ende, „wie, das weiß ich nicht“, sagte Bode.
Woelki wird vor allem wegen seines kommunikativen Umgangs mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und der Zurückhaltung eines Gutachtens dazu kritisiert. Er bat die knapp 1,9 Millionen Katholiken im größten deutschen Bistum in seinem Hirtenbrief um Offenheit, Geduld und „darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“. Woelki steht seit September 2014 an der Spitze des Erzbistums.
In sozialen Medien starteten unterdessen mehrere Initiativen von Missbrauchs-Betroffenen die Aktion „Köln ist überall“. Nicht nur im Erzbistum Köln sei sexueller Missbrauch unzureichend aufgearbeitet, erklärte das „Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen“.