Berlin (epd). Der Sachverständigenrat für Integration und Migration begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung und der EU, Flüchtlinge aus der Ukraine möglichst unbürokratisch aufzunehmen. Der Plan, die 2001 verabschiedete „Massenzustrom-Richtlinie“ anzuwenden, sei der richtige Weg, teilte der Rat am Mittwoch mit. So könne die Europäische Union größtmögliche Solidarität zeigen. „Es ist ein wichtiges Zeichen: Wir in Europa stehen zusammen und helfen den vom Krieg Betroffenen“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Petra Bendel.
Über die Verfahren zur Aufnahme der vor dem Krieg geflohenen Menschen wollen am Donnerstag die EU-Innenminister beraten. Die Vereinten Nationen rechnen mit mehreren Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen und untergebracht werden müssen.
„Es sind vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen, die sich vor den russischen Angriffen in Sicherheit bringen“, erklärte Bendel. Sie erhielten auf der Basis der Richtlinie vorübergehenden Schutz, einen zeitlich befristeten Aufenthaltsstatus und Zugang zu sozialen Mindeststandards, ohne ein für alle Beteiligten zeitaufwendiges Asylverfahren durchlaufen zu müssen.
Die Richtlinie 2001/55/EG des Rates der Europäischen Union (Massenzustrom-Richtlinie) wurde 2001 infolge der Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien verabschiedet und bietet einen Mechanismus, über den Vertriebene aus Drittländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, schnell aufgenommen werden können. „Die Richtlinie wurde bisher noch nie angewandt“, erklärte Bendel. Dabei habe sie zwei wichtige Vorteile: Wenn viele Menschen gleichzeitig ihre Heimat verlassen müssen, gebe sie ihnen die Garantie eines vorübergehenden Schutzes. Außerdem ermögliche sie eine solidarische Abstimmung unter den Mitgliedstaaten, die die Geflüchteten gemäß ihrer Kapazität aufnehmen und verteilen.
Die Umsetzung des temporären Schutzes erfolgt in Deutschland nach Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes. Demnach werden die Flüchtlinge in der Regel gemäß dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Dort wird ihnen ein Wohnort zugewiesen, eine Arbeitserlaubnis kann erteilt werden. „Hier empfehlen wir großzügige Regelungen“, sagte Daniel Thym, stellvertretender Vorsitzende des Sachverständigenrats. „Die Erfahrung mit der Zuwanderung aus der Ukraine und deren Nachbarländern zeigt, dass viele Personen schnell einen Job finden dürften. Deutschland sollte dies als Chance sehen, den Übergang in den Arbeitsmarkt und die Ausbildung zu forcieren.“