Berlin (epd). Die Menschheit ist auf die verheerenden Folgen des Klimawandels nur unzureichend vorbereitet. Der Weltklimarat präsentierte am Montag den zweiten Band seines 6. Sachstandsberichts, wonach bis zu 3,6 Milliarden Menschen - knapp die Hälfte der Weltbevölkerung - in besonders von Dürren, Überschwemmungen und anderen durch die Erderwärmung ausgelösten Naturkatastrophen gefährdeten Gebieten lebt. Der Ko-Vorsitzende der zuständigen Arbeitsgruppe, Hans-Otto Pörtner, sagte in Berlin, je länger aktiver, gemeinschaftlicher Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen verzögert würden, „und das ist eine Beschreibung der aktuellen Situation“, desto weiter schließe sich das verbleibende Zeitfenster, „eine lebenswerte Zukunft für uns alle auf der Erde zu sichern“.
Die Forscherinnen und Forscher warnen auch vor einem weiteren Artensterben. Vernachlässigte Ökosysteme müssten wiederbelebt werden, heißt es in dem Bericht. Zudem könnten 30 bis 50 Prozent der Erdoberfläche, der Gewässer mit Süßwasser und der Ozeane konserviert und dem menschlichen Zugriff weitgehend entzogen werden. Die Menschen könnten dann wiederum von der Fähigkeit der Natur profitieren, das klimaschädliche Kohlendioxid zu absorbieren und zu speichern.
Gezeichnet wird ein düsteres Bild für alle Weltregionen: In Asien etwa beschleunige die Klimakrise die Ausbreitung von Krankheiten wie Dengue-Fieber und Malaria. Auch Europa - hier vor allem die südlichen Länder - müsse vermehrt mit Hitzewellen und Trockenheit rechnen, dies könne zu mehr Hitzetoten führen.
Besonders gefährdet seien stets arme und marginalisierte Bevölkerungsgruppen, weil sie weniger Ressourcen hätten, um sich zu schützen, sagte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee. Gerade in afrikanischen Ländern sowie kleinen Inselstaaten seien die Folgen der Erderwärmung verheerend, fügte der Generalsekretär der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas, hinzu.
UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einem „Atlas des menschlichen Leids“ und einer „Anklage gegen das Versagen der Klimapolitik“. Er rief zu einem effektiveren Klimaschutz auf. Auch angesichts der geopolitischen Krisen müsse mehr Geld in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden. Zugleich brauche es mehr Geld für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte weitere 21 Millionen Euro für die Klimarisikoinitiative IGP zu, mit der Menschen in ärmeren Ländern finanziell gegen Folgen der Erderwärmung abgesichert werden sollen. Arme Länder hätten ebenso wie kleine Inselstaaten kaum Möglichkeiten, die Folgen von Wetterextremen abzumildern, sagte Schulze.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte, die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffimporten und Klimaschutz seien „dringendere Aufgaben denn je“. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte, es müsse alles dafür getan werden, einen gesunden Planeten auch für die nächsten Generationen zu erhalten. Sie setze dabei auf neue Technologien statt auf Verzicht, betonte die Ministerin.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Weltklimarates arbeiten unter dem Dach der Vereinten Nationen, ihre Sachstandsberichte informieren über die neuesten Erkenntnisse des Klimawandels und sollen als Grundlage für politische Entscheidungen und internationale Verhandlungen dienen. Der aktuelle Bericht beschäftigt sich mit Folgen, Anpassung und Verwundbarkeiten durch und an den Klimawandel.