Studie: Klima-Sanierungen kosten bis zu 150 Milliarden Euro pro Jahr

Studie: Klima-Sanierungen kosten bis zu 150 Milliarden Euro pro Jahr
Wie kann es gelingen, das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2045 alle Wohnungen in Deutschland klimaneutral zu machen? Eine Studie bietet den Fahrplan dazu und betont, das Vorhaben sei machbar - wenn zig Milliarden an Fördergeldern fließen.

Berlin (epd). Es geht nicht um viel Geld, sondern um sehr viel Geld, nämlich Billionen. Damit sei das Ziel der Bundesregierung, bis 2045 einen klimaneutralen Wohnungsbestand zu schaffen, will eine neue Studie belegen. Ein ambitioniertes Vorhaben, das aber machbar sei. Laut der am Donnerstag vom Bündnis Wohnungsbau in Berlin vorgestellten Untersuchung ist es möglich, innerhalb der kommenden 23 Jahre sämtliche Wohnungen energetisch zu sanieren, sprich klimaneutral zu machen.

Soweit die gute Nachricht. Das aber werde nur gelingen, wenn die Voraussetzungen stimmen, heißt es. Und das bedeutet, Bund und Länder müssen durch zusätzliche Steueranreize und neue Förderprogramme die nötigen Anstöße geben. Denn um die Energiespar-Offensive bei Altbauwohnungen zu starten, müsse der Staat mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr an Förderung investieren, so die Empfehlung der Studie. Insgesamt mindestens 3,6 Billionen Euro würden von Investoren für den Klimaschutz bei Wohngebäuden bis 2045 benötigt.

Das Bündnis Wohnungsbau, das die Untersuchung in Auftrag gab, empfahl einen Mix aus mehr Neubauten und deutlich mehr Umbauten bestehender Gebäude, um diese „Herkulesaufgabe für ein neues Wohnen“ zu meistern. Immobilien- und Bauexperten betonten, künftig deutlich mehr Wohnungen zu schaffen, werde nicht leichter. Die Vorgaben des Klimaschutzes, steigende Baupreise und auch fehlende Fachkräfte stellten hohe Hürden dar.

Die Studie mit dem Titel „Wohnungsbau - die Zukunft des Bestandes“ wurde erstellt von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (Arge) in Kiel. Sie zeige „einen Weg auf, wie es gelingen kann, einen klimaneutralen Wohnungsbestand bis 2045 zu realisieren, der die Bürger nicht überfordert“, hieß es beim 13. Wohnungsbau-Tag. Die ambitionierten Ziele, etwa 400.000 Wohnungen in diesem und in den kommenden drei Jahren neu zu schaffen, seien aber nur zu erreichen, wenn Bund, Länder und Kommunen deutlich mehr Geld für zur Unterstützung von Bauvorhaben und gezielt für langfristige Förderungen „über eine einzelne Legislaturperiode hinaus“ in die Hand nähmen.

Die Untersuchung wolle einen Fahrplan für die Sanierungen bereitstellen, hieß es. Wie groß die Herausforderungen für Immobilienfirmen, Genossenschaften oder Privateigner sind, zeigt die Zahl von knapp 19,3 Millionen Wohngebäuden, die bundesweit energetisch saniert werden müssten. Rein rechnerisch sollte den Forschern zufolge künftig jeder 55. Altbau pro Jahr komplett modernisiert werden. Bislang ist es nur jedes 100. Wohnhaus.

„Aus der vorhandenen Gebäudesubstanz kann erstaunlich viel herausgeholt werden“, sagte Arge-Institutsleiter Dietmar Walberg. „Das Potenzial, das der Umbau bestehender Gebäude bietet, liegt bei über 4,3 Millionen neuen Wohnungen.“ Der Vorteil der Umbau-Offensive liege darin, dass eine hohe Anzahl neuer Wohnungen geschaffen würde, ohne dafür nur einen einzigen Quadratmeter Bauland zusätzlich zu benötigen. Allein durch Umbauten von Büros könnten rund 1,9 Millionen neue Wohnungen entstehen, sagte der Fachmann.

Walberg betonte, es sei nicht sinnvoll, nur die maximalen Standards beim Wärmeschutz und der Energieeffizienz anzupeilen. Unter dem Strich sei es für die CO2-Bilanz wichtiger, mehr Gebäude grundlegend zu sanieren, wenn auch nur auf niedrigeren Standard. Dennoch seien die Energiesparziele erreichbar, erklärte er: „Wir werden es schaffen, den gesamten Energieverbrauch beim Wohnen um die Hälfte zu senken.“

Warum die Experten die Sanierung bestehender Bauten vorziehen, verdeutlichte Walberg ebenfalls: Der Umbau von Büros kostet pro Quadratmeter Wohnfläche knapp 1.300 Euro. Zum Vergleich: Im Neubau sind es mehr als 3.400 Euro.

Die Autoren der Studie unterbreiteten der Politik fünf konkrete Vorschläge, wie das künftige Bauen klimagerecht und zugleich für Mieter bezahlbar bleiben kann. Genannt wurden etwa mehr staatliche Finanzanreize für Neu- und Umbauten, langfristig verlässliche Förderkonditionen, mehr Umbauten von Büro- und Fabrikgebäuden und die Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus. Im Bündnis Wohnungsbau sind sieben Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche zusammengeschlossen, unter anderen der Mieterbund, die IG Bau und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe.