Berlin (epd). Jüdische Organisationen kritisieren einen Bericht von Amnesty International über Israel als antisemitisch. Der von der Amnesty-Zentrale in London veröffentlichte Bericht markiere einen Tiefpunkt in der Delegitimierung Israels, erklärte der Zentralrat der Juden am Dienstag in Berlin. Israel werde pauschal seit seiner Gründung als Apartheid-System eingestuft, der palästinensische Terror werde völlig außer Acht gelassen. Am Dienstag kam es Medienberichten zufolge wegen des Berichts auch zu Protesten vor einer Amnesty-Vertretung in Berlin.
Laut Amnesty Deutschland wirft Amnesty International in dem Bericht den israelischen Behörden vor, die Palästinenser systematisch zu diskriminieren und geht der Frage nach, inwieweit das einem System der Apartheid entspricht. Die Menschenrechtsorganisation wirft Israel darin unter anderem rechtswidrige Tötungen, exzessive Gewaltanwendung, Folter, rechtswidrige Zwangsräumungen, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen oder die Missachtung des Rechts auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge vor.
Das American Jewish Committee erklärte, der Bericht habe sich „unerklärlicherweise auf ein Ziel konzentriert: Israel zu dämonisieren und zu delegitimieren“. Die jüdisch-deutsche Werteinitiative kritisierte, der Bericht bediene sich einer antisemitischen Täter-Opfer-Umkehr. Israel werde „Verbrechen gegen die Menschheit“ vorgeworfen, eine Terminologie, die stark durch die Nürnberger Prozesse geprägt worden sei.
Von der deutschen Amnesty-Sektion forderten die Organisationen, sich deutlich zu distanzieren: „Wer am Holocaust-Gedenktag in den Sozialen Netzwerken 'Nie wieder' fordert, darf nicht eine Woche später einen antisemitischen Bericht in seinem Namen mittragen.“
Amnesty Deutschland erklärte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in Berlin, Berichte und menschenrechtliche Positionen lägen in der Hoheit des Internationalen Sekretariats. Aus der deutschen Geschichte erwachse für die deutsche Amnesty-Sektion eine besondere Verantwortung. Um der Gefahr der Instrumentalisierung oder Missinterpretationen des Berichts entgegenzuwirken, werde die deutsche Sektion zu diesem Bericht keine Aktivitäten planen und durchführen.