Erfurt (epd). Arbeitgeber müssen bei hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten eines Beschäftigten nicht nur ein einziges betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) zum Arbeitsplatzerhalt organisieren. Erkrankt ein Arbeitnehmer nach Abschluss eines bEM innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen, ist immer eine weitere Eingliederungsmaßnahme erforderlich, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil. (AZ: 2 AZR 138/21)
Das 2004 vom Gesetzgeber eingeführte bEM sieht bei Arbeitsunfähigkeit von länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ein Prüfverfahren vor, wie der Beschäftigte künftig am besten seiner Arbeit wieder nachkommen kann. Arbeitgeber, Arbeitnehmer, aber auch Reha-Träger und Betriebsrat, sollen dabei ausloten, wie der Arbeitsplatz erhalten bleiben kann. Das könne durch technische Hilfen oder auch veränderte Betriebsabläufe geschehen, die künftige Erkrankungen verhindern können. Ohne die vorherige Durchführung eines bEM ist eine krankheitsbedingte Kündigung regelmäßig unwirksam.
Im Streitfall ging es um einen als Produktionshelfer und Staplerfahrer angestellten Mann aus Nordrhein-Westfalen, der von 2017 bis 2019 jedes Jahr länger als sechs Wochen krank war. Im März 2019 fand ein bEM statt, ohne dass jedoch ein Betriebsarzt oder eine Arbeitsschutzkraft zurate gezogen wurde. Als der Mann nach Abschluss des Verfahrens erneut an 79 Arbeitstagen arbeitsunfähig war, erhielt er im Februar 2020 die Kündigung. Der Beschäftigte hielt das für sozial nicht gerechtfertigt und klagte.
Sowohl vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf als auch vor dem BAG bekam er nun recht. Sei ein Arbeitnehmer nach Abschluss eines bEM innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen krank, müsse regelmäßig ein weiteres bEM durchgeführt werden. Das könne etwa wegen anderer Erkrankungen oder auch wegen neuer Ansätze für zielführende Präventionsmaßnahmen begründet sein, hieß es.
Werde das unterlassen, müsse der Arbeitgeber für die Wirksamkeit der Kündigung belegen, dass die betriebliche Eingliederungsmaßnahme nutzlos wäre, urteilte das BAG. Das habe der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nicht dargelegt, so dass die Kündigung unwirksam sei, entschied das BAG.