Genf (epd). Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, macht Hoffnung auf ein Ende der akuten Phase der Corona-Pandemie in diesem Jahr. Wenn die WHO-Mitgliedsländer ihre Anstrengungen im Kampf gegen Covid-19 verstärken, könnte 2022 der globale Gesundheitsnotstand auslaufen, erklärte Tedros am Montag in Genf. Zuvor war er mit Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zusammengetroffen.
Tedros verlangte auf einer Sitzung des WHO-Exekutivausschusses, dass die Länder alle verfügbaren Mittel gegen Covid-19 konsequent einsetzen. Die Staaten müssten bis Mitte des Jahres mindestens 70 Prozent ihrer Bevölkerung komplett gegen das Coronavirus impfen, wobei der Schwerpunkt auf Risikogruppen wie Menschen mit Atemwegserkrankungen gelegt werden müsse.
Zudem forderte Tedros einen gleichberechtigten Zugang aller Menschen zu Diagnoseeinrichtungen, Sauerstoffzufuhr und Therapien. Weiter müssten die Testkapazitäten ausgebaut und das Entstehen neuer Virus-Varianten schnell entdeckt werden. Allerdings prangerte der WHO-Generaldirektor die global ungleiche Verteilung von Corona-Impfstoffen an. Viele Länder seien weit von dem 70-Prozent-Ziel entfernt. Pharmaunternehmen und die Marktwirtschaft allein würden dieses Problem nicht lösen.
Vor rund zwei Jahren hatte Tedros angesichts des Corona-Ausbruchs in China den globalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Am Dienstag soll der WHO-Exekutivausschuss den Äthiopier für eine zweite fünfjährige Amtszeit nominieren. Die Weltgesundheitsversammlung wird im Mai offiziell den Generaldirektor wählen, Tedros ist der einzige Kandidat.
Bundesentwicklungsministerin Schulze hatte nach ihrem Treffen mit Tedros zu einer weltweit gerechteren Verteilung von Corona-Impfstoffen und -Medikamenten aufgerufen. Es brauche eine „massiv beschleunigte, wahrhaft globale“ Impfkampagne, sagte Schulze. Dafür setzt die SPD-Politikerin vor allem auf die Kooperation von Pharmaunternehmen und freiwilligen Technologietransfer.
Um die Pandemie zu beenden, sei der Zugang zu Impfstoffen entscheidend, sagte Schulze. Dafür müssten auch die Produktionskapazitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgebaut werden. Impfstoffspenden seien zwar „besser als nichts“, aber ein eigener Zugang zu regional produzierten Impfstoffen sei der beste Weg. Dafür brauche es einen Technologietransfer und Innovationspartnerschaften mit Pharmaunternehmen. „Wir erwarten von der Industrie, sich aktiv daran zu beteiligen“, sagte Schulze. Deutschland habe bereits mehr als 500 Millionen Euro für die Förderung der Impfstoffproduktion in Afrika bereitgestellt.
Zugleich sprach sich die Entwicklungsministerin abermals gegen eine vorübergehende Aussetzung der Patente auf Corona-Impfstoffe aus, wie sie Indien und Südafrika bei der Welthandelsorganisation (WTO) gefordert hatten. Der Patentschutz habe Innovationen befördert und sei auch in Zukunft weiter nötig. Eine Freigabe der Patente würde die für den Aufbau von Produktionsstätten nötige Kooperationsbereitschaft von Pharmaunternehmen nicht erhöhen, sagte Schulze. Die Bundesregierung bleibe dabei, freiwillige Lizenzierungen zu unterstützen.