Frankfurt a.M., Hanoi (epd). Nach dem Tod des Friedensaktivisten und buddhistischen Mönchs Thich Nhat Hanh haben sich am Sonntag Tausende Menschen auf dem Gelände des Tu Hieu Tempels in der zentralvietnamesischen Stadt Hue versammelt. Dort war der buddhistische Mönch am Samstag nach langer Krankheit im Alter von 95 Jahren gestorben, wie das von ihm gegründete internationale Zentrum „Plum Village“ in Frankreich mitgeteilt hatte. Der Vietnamese war neben dem Dalai Lama einer der prominentesten Vermittler des Buddhismus in der westlichen Welt.
Während der live im Internet übertragenen Zeremonie wurde der Leichnam des Zen-Meisters nach einer Prozession in den Sarg umgebettet. In der „Full Moon Meditation Hall“ soll Thich Nhat Hanh für sieben Tage aufgebahrt bleiben, damit sich Trauernde von ihm verabschieden können. Die Einäscherung ist für kommenden Samstag geplant.
Das „Plum Village“ hatte erklärt, Thich Nhat Hanh sei friedlich eingeschlafen. Ende 2014 hatte er einen schweren Schlaganfall erlitten. Sein Grundgedanke war die Achtsamkeit und eine zeitgemäße Auslegung des Buddhismus. Aus aller Welt gab es Anteilnahme am Tod des Mönchs, der auch Gelehrter, Autor und Dichter war. „Ich bin traurig zu erfahren, dass mein Freund und spiritueller Bruder Thich Nhat Hanh gestorben ist“, erklärte das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, in einem vom „Plum Village“ veröffentlichten Kondolenzschreiben. Durch seinen friedlichen Widerstand gegen den Vietnamkrieg, seine Unterstützung für Martin Luther King und vor allem durch seine spirituelle Hingabe habe Thich Nhat Hanh ein wahrhaft sinnerfülltes Leben geführt, schrieb der Dalai Lama weiter.
Die Tochter des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King, Bernice King, schrieb bei Twitter: „Ich feiere und ehre Thich Nhat Hanhs Leben und globalen Einfluss auf den Frieden.“ 1966 hatte der schwarze Pastor King (1929-1968) den buddhistischen Mönch für den Friedensnobelpreis des darauffolgenden Jahres vorgeschlagen. Dem 1926 in Zentral-Vietnam als Sohn eines Beamten geborenen Thich Nhat Hanh wurde 1966 nach einem USA-Aufenthalt die Einreise in seine Heimat verweigert. Damit begann für ihn ein 39 Jahre dauerndes Exil. Während des Vietnamkriegs (1964-1975) zwischen dem kommunistischen Norden und dem von den USA unterstützten Süden des Landes wurde er vom Ausland aus zum prominenten Sprecher der buddhistischen Friedensbewegung in seiner Heimat und engagierte sich zeitlebens auch weltweit für Menschenrechte und Frieden.
Thay - wie ihn seine Schüler achtungsvoll nach dem vietnamesischen Wort für Lehrer nannten - sprach an Universitäten und in Kirchen über die Situation in Vietnam, oft vor einer Zuhörerschaft von über tausend Menschen. Weltweit gibt es hunderte Gemeinschaften, die in seinem Geist den Buddhismus praktizieren, eine besondere Mischung unterschiedlicher buddhistischer Traditionen. „Unser Leben selbst muss unsere Botschaft sein“, sagte Thich Nhat Hanh einmal. Im Falle seines Todes hatte er darum gebeten, ihm keinen Schrein zu errichten. Seine Asche solle an die Klöster der „Plum Village“-Tradition weltweit übergeben und auf den Straßen verstreut werden, die seine Anhänger für Geh-Meditationen nutzen.