Frankfurt a.M. (epd). Dutzende Flüchtlinge und Migranten sind von einer Gasplattform des Energiekonzerns Shell an die tunesische Marine übergeben worden. Die Menschen unbekannter Herkunft hatten die Offshore-Plattform über dem Miskar-Gasfeld im Mittelmeer am Montagabend erreicht, wie eine Sprecherin von Shell Deutschland dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag mitteilte. Demnach wurden sie am Dienstag von einem Schiff der tunesischen Marine an Bord genommen. Private Seenotrettungsorganisationen hatten gefordert, die Flüchtlinge und Migranten nach Malta zu bringen.
Um wie viele Flüchtlinge und Migranten es sich genau handelte, wollte die Shell-Sprecherin nicht sagen. Die Menschen seien auf der Plattform mit Wasser, Essen und trockener Kleidung versorgt worden. Gemäß eines Protokolls für Notfälle seien die zuständigen tunesischen Behörden informiert worden. Nach Angaben der Crew des privaten Seenotrettungsschiffes „Louise Michel“, die zuvor 31 Menschen aus Seenot gerettet hatte, hatten 65 bis 70 Menschen auf der Gasplattform Zuflucht gefunden.
Die „Louise Michel“ und die Organisation Sea-Watch hatten vor der Evakuierung durch die tunesische Marine gefordert, die Menschen nach Malta zu bringen. Malta sei zuständig, weil die Plattform innerhalb der maltesischen Such- und Rettungszone liege, teilte Sea-Watch auf Twitter mit. Die vom Street-Art-Künstler Banksy unterstützte „Louise Michel“ erklärte, Tunesien sei kein sicherer Hafen.
Die Fahrt über das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind im vergangenen Jahr mindestens 1.864 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.