Kassel, Hanau (epd). Der Kampf gegen Rechtsextremismus stand am Freitagabend im Mittelpunkt des digitalen Adventsempfangs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Die Gesellschaft dürfe die Augen vor Rechtsextremismus nicht verschließen, sagte der Sohn des von einem Rechtsextremisten ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, Christoph Lübcke. Hass, Hetze und Gewalt gefährdeten die Gesellschaft.
Christoph Lübcke diskutierte im Evangelischen Jugendzentrum in Kesselstadt mit Betroffenen des rechtextremistisch motivierten Anschlags von Hanau, der sich am 19. Februar 2020 nicht weit davon ereignete. Die rund 115 Gäste waren pandemiebedingt digital zugeschaltet. Es sei wichtig, als Gesellschaft Flagge zu zeigen und klar Position für demokratische Werte zu beziehen, sagte Lübcke.
Die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann sagte, rassistische Gewalt und Hass zerstörten das Zusammenleben, Frieden und Harmonie. Deshalb gehöre der Blick auf solche Erfahrungen in die Adventszeit: „Im Advent warten und ersehnen wir Frieden und friedliches Zusammenleben.“
Die evangelische Kirche könne nicht wegsehen, wenn Menschen Gewalt widerfahre oder sich Hass breit mache und Menschenleben koste, sagte Hofmann. Die Kirche wolle aktiv zur Überwindung von Gewalt und Rassismus beitragen..
Etris Hashemi, dessen Bruder beim Anschlag in Hanau starb, appellierte an die gesellschaftliche Mehrheit, die Stimme zu erheben und die Bühne nicht einer Minderheit zu überlassen. Er forderte die Aufklärung der Tat, für die die Angehörigen seit 22 Monaten kämpften.
Armin Kurtovic, der seinen Sohn bei dem Anschlag verlor, sprach von Behördenversagen bei den Ermittlungen. Der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags sei eine Möglichkeit, Fehler öffentlich zu machen und einzugestehen. Das Geschehene dürfe sich nicht wiederholen.
Hanaus Bürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sagte, sowohl der Mord an Lübcke als auch an den neun jungen Menschen in Hanau mache bis heute fassungslos. Der Tag des Terrorakts von Hanau sei der schlimmste Tag der Stadt in Friedenszeiten gewesen. Die Wunde sei jeden Tag zu spüren.