Trier (epd). Am Jahrestag der Amokfahrt von Trier ist mit einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer gedacht worden. Die Tat habe das Leben in der Stadt verändert, sagte der rheinische Vizepräses Christoph Pistorius am Mittwoch im Trierer Dom: „Es hat eine Narbe hinterlassen, die uns seitdem miteinander verbindet.“ Der katholische Bischof Stephan Ackermann sprach von einer „bis heute unbegreiflichen Tat“, sie habe „uns alle jäh herausgerissen aus unserem Alltag“. Der Gottesdienst begann um 13.46 Uhr - dem Zeitpunkt der Tat - mit Glockengeläut.
Am 1. Dezember 2020 hatte ein damals 51-Jähriger aus der Nähe von Trier ein Auto mit hoher Geschwindigkeit durch die Fußgängerzone gelenkt und zahlreiche Menschen erfasst. Fünf Menschen starben, weitere wurden verletzt. Im Oktober starb ein weiterer bei der Tat schwer verletzter Mann. Seit August läuft der Gerichtsprozess gegen den mutmaßlichen Täter.
Vizepräses Pistorius, der früher Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier war, sagte im Gottesdienst: „Wir trauern gemeinsam, wir erinnern uns gemeinsam. Wir teilen auch das Unverständnis und das Entsetzen, die Wut und Machtlosigkeit“. Bischof Ackermann erinnerte daran, dass nach der Amokfahrt wochenlang ein Lichtermeer zum Stadtbild gehört habe. Mittlerweile erinnere der laufende Gerichtsprozess täglich an die Tat. „Viele Fragen sind nach wie vor da“, betonte Ackermann. „Die Verarbeitung des Geschehens steht erst am Anfang.“
Der Gottesdienst wurde von der griechisch-orthodoxen, der neuapostolischen, der katholischen und der evangelischen Kirche gemeinsam gestaltet - diesen Konfessionen gehörten die Opfer der Amokfahrt an. Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Saarburg gestalteten in ihrem Kunstunterricht zusammengekauerte und den Kopf in den Händen vergrabene Tonfiguren, die laut Ackermann nun einen festen Platz im Dom finden. Es brauche Erinnerungsorte, zu denen Menschen mit ihren Gefühlen und Fragen kommen könnten, sagte der Bischof.
Der Gottesdienst fand unter Coronabedingungen statt: Gemäß der rheinland-pfälzischen Corona-Verordnung konnten nur Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) teilnehmen. Zudem galten Abstandsgebot und die Maskenpflicht auch am Platz.
Eingeladen waren die Hinterbliebenen der Opfer, Geschädigte der Amokfahrt sowie Vertreter von Rettungsdiensten, Polizei und Ordnungsbehörden sowie der Trierer Stadtrat. Laut Stadt registrierten sich rund 370 Menschen für die Teilnahme. An dem Gedenken nahmen unter anderen die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe (beide SPD), der rheinland-pfälzische Opferbeauftragte Detlef Placzek, die saarländische Finanzstaatssekretärin Anja Wagner-Scheid (CDU) und der Trierer Superintendent Jörg Weber teil. Der Gottesdienst wurde vom SWR übertragen.