Da sie ursprünglich ausschließlich fürs österreichische Publikum entstanden sind, brauchten die Schauspieler anders als in den vielen Koproduktionen mit ARD und ZDF keine Rücksicht auf Zuschauer beispielsweise in Norddeutschland nehmen. Das ZDF hat den Film zwar akustisch etwas „entschärft“, aber trotzdem lässt sich bei einigen Dialogen bloß erahnen, wovon die Menschen reden; wer Karl Fischer nur als gutmütigen Stichwortgeber von Uwe Kockisch aus den Verfilmungen der venezianischen Donna-Leon-Romane aus Venedig kennt, wird sich erst mal an seinen ausgeprägten Dialekt gewöhnen müssen.
Der Geschichte kann man dennoch folgen: Irgendwie in der Provinz tauchen nach und nach verschiedene Körperteile einer vor rund einem Jahr verstorbenen Frau auf. Die unterforderte und daher versetzungswillige Inspektorin Franzi (Nina Proll), Motorradfahrerin mit cooler Sonnenbrille, freut sich, dass sie endlich mal einen richtigen Fall hat; ihr Kollege Michi (Fischer), ein Gemütsmensch, für den die wahren Verbrecher die Banken und Versicherungen sind, hätte lieber weiter seine Ruhe. Eine einsame und etwas verwirrt wirkende alte Dame hat irgendwann beobachtet, wie eine junge Anhalterin in einen blauen Kombi gestiegen ist. Den einzigen Wagen dieser Art fährt Werkstattbesitzer Gerry, und weil der ohnehin etwas zwielichtig anmutende Mechaniker von Schurkendarsteller Johannes Kirsch verkörpert wird, drängt er sich als Verdächtiger geradezu auf. Aber Gerry führt eine ausgesprochen leidenschaftliche Ehe mit seiner attraktiven Frau (Edita Malovcic), und den Kombi stellt er regelmäßig seinen Kunden zur Verfügung, wenn eine Reparatur mal länger dauert. Franzi ahnt zwar, dass die Leichenteile in irgendeinem Zusammenhang mit dem ebenfalls zwölf Monate zurückliegenden Ausbruch eines weiblichen Häftlings aus dem nahen Frauengefängnis stehen, aber eine DNS-Überprüfung ergibt keine Übereinstimmung.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
„Die Frau mit einem Schuh“ ist der letzte fertig gestellte Film von Michael Glawogger (Buch und Regie), der im Jahr der Ausstrahlung bei Dreharbeiten in Liberia an Malaria gestorben ist. Er hat zwar auch einige Dramen und Komödien gedreht, aber sein internationales Renommee verdankt er in erster Linie der mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilmtrilogie „Megacities“ (1998), „Workingsman’s Death“ (2005) und „Whore’s Glory“ (2011). Seine Spielfilme waren dagegen eher was für Liebhaber schräger Filmkunst; „Contact High“ (2009) zum Beispiel ist eine völlig überdrehte Drogenkomödie, in der mitunter die pure Anarchie herrscht. Davon kann beim „Landkrimi“ naturgemäß keine Rede sein; die Filmabteilung des ORF hat zwar ein größeres Herz für skurrilen Humor, als ARD und ZDF bei Koproduktionen mitunter lieb ist, aber diesmal beschränkt sich Glawoggers Faible für bizarre Zeitgenossen auf die Nebenfiguren. Deren Auftritte wirken prompt wie kleine Exkurse, die mit der eigentlichen Handlung nicht das Geringste zu tun haben; da pinkelt beispielsweise ein zum eigenen Schutz vorübergehend inhaftierter Mitbürger, der volltrunken mit einer Schrotflinte hantiert hat, mitten in die Zelle. Bloß eine Gastrolle spielt auch Hary Prinz als Chefinspektor aus der Stadt, mit dem Franzi ein paar mal flirtet. Eigentlich ist sie verheiratet; der arbeitslose Gatte (Robert Palfrader) ist zwar ein begnadeter Koch, aber ansonsten langweilt er sie nur noch. Diese Nebenschauplätze waren Glawogger allerdings offenbar genauso wichtig wie die Krimihandlung, die auf diese Weise immer wieder in den Hintergrund gedrängt wird. Die Dialoge der beiden Hauptfiguren befassen sich zumindest anfangs mehr mit Michis verschwundener Aktentasche oder seinen lebensphilosophischen Betrachtungen als mit beruflichen Dingen, weshalb die gesammelten Momentaufnahmen zu Beginn eher heiter sind. Stimmung und Tonfall ähneln den „Schwarzach 23“-Krimis im ZDF, ohne allerdings deren Qualität zu erreichen. Auch bildgestalterisch setzt Glawogger kaum nennenswerte Akzente; mit Ausnahme zweier Einstellungen am Schluss, als sich die Männer der beiden weiblichen Hauptfiguren in völlig unterschiedlichen Situationen, aber ähnlichen Zusammenhängen in Scheiben spiegeln. Wichtig für die Atmosphäre des ruhig dahin fließenden Films ist auch die zwar rockige, aber sehr entspannte Gitarrenmusik (Norbert Wally). Musikalischer Höhepunkt ist ein Karaoke-Auftritt Michis mit dem Song „Unchain my Heart“. Sollte Fischer das tatsächlich selbst gesungen haben: alle Achtung.