Düsseldorf (epd). Der Migrationsexperte Gerald Knaus fordert mit Blick auf die Lage an der EU-Außengrenze zu Belarus schärfere Sanktionen gegen das Land. Zugleich befürwortet der Soziologe eine legale Verteilung von Migranten in sichere Drittländer. Verschärfungen der Sanktionen gegen Belarus müssten zeigen, dass die EU nicht erpressbar sei, sagte Knaus der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag). „Die EU muss einen Weg finden, dass nach einer sofortigen humanitären Aufnahme nicht in vier Wochen 15.000 Menschen bei noch tieferen Temperaturen an der gleichen Grenze leiden.“ Am Montag wollten die Außenminister der EU-Staaten auf einem Treffen in Brüssel neue Sanktionen beschließen.
Knaus, Gründer und Vorsitzender des Think Tanks European Stability Initiative mit Sitz in Berlin und Wien, schlägt vor, einen Stichtag festzulegen. Diejenigen, die nach dem Stichtag nach Polen kämen, sollten im Einklang mit internationalem Recht in einen sicheren Staat außerhalb der EU gebracht werden, erläuterte er. Europarechtlich gebe es diese Möglichkeit, die aus Belarus Eingereisten in ein sicheres Drittland zu bringen. Dafür müsse ein einziger Absatz in der EU-Asylverfahrensrichtlinie geändert werden, in dem es um den Bezug zwischen dem Asylsuchenden und dem sicheren Nicht-EU-Staat geht.
„Der EU-Rat könnte den Absatz per Beschluss binnen weniger Tage in diesem Notfall entfernen. Das sollte die Kommission sofort vorschlagen“, forderte Knaus. Auf diese Weise ließe sich Lukaschenkos Schleusermodell zerstören. Die EU dürfe Menschen nicht zurückstoßen, wie dies derzeit geschehe, mahnte er. „Denn laut gültigem Recht, von der Grundrechtecharta zum Schengen-Kodex, darf kein Mensch zurückgewiesen werden, der auf polnischem Boden einen Asylantrag stellen möchte.“
Seit Monaten versuchen Menschen aus Staaten wie Afghanistan oder dem Irak, über Belarus in die EU zu gelangen. Ihre Zahl hat sich zuletzt deutlich erhöht. EU-Spitzenpolitiker werfen dem belarussischen Staatschef Lukaschenko vor, die Menschen mit Versprechungen einer leichten Einreise anzulocken und dann an die Grenze zu Polen, Litauen oder Lettland zu schleusen. Nach Medienberichten sitzen Tausende Flüchtlinge und Migranten im Grenzgebiet fest.