Berlin (epd). Der scheidende Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert von der nächsten Regierung eine „konsequente Weiterentwicklung“ seines Ministeriums „zur Lösung globaler Zukunftsaufgaben“. Der Minister sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag anlässlich des bevorstehenden 60. Jubiläums seines Hauses: „Ob wir das Flüchtlings- oder das Klimaproblem meistern, entscheidet sich maßgeblich in Entwicklungs- und Schwellenländern.“ Er betonte: „Deswegen müssen wir Entwicklungspolitik künftig viel stärker als Investition in unsere eigene Zukunft sehen.“
Der 14. November 1961 gilt als Gründungsdatum des Bundesressorts. Damals wurde der FDP-Politiker Walter Scheel zum ersten Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit ernannt. Dass das Haus sechs Jahrzehnte bestehen bleibt, war nie selbstverständlich: So stemmte sich Ludwig Erhard (CDU) als Wirtschaftsminister schon gegen die Gründung. Führende FDP-Politiker sahen in der Vergangenheit die Entwicklungspolitik besser im Auswärtigen Amt aufgehoben. Zur Auflösung des Entwicklungsministeriums kam es nie. Dennoch gibt es auch aktuell wieder Befürchtungen, das Ministerium könnte als Unterabteilung des Außenamtes enden.
Müller hob hervor, dass Deutschland für die Entwicklungspolitik ein eigenes Ministerium habe, sei ein großer Vorteil. Denn die Bundesrepublik habe mit der Entwicklungspolitik „in den letzten 60 Jahren Ansehen und Einfluss in der ganzen Welt erworben“. Deutschland sei dadurch zu einem strategischen Wirtschafts- und Entwicklungspartner für viele Länder geworden. „Diese Arbeit zeigt konkret Wirkung: Im letzten Jahr haben etwa zehn Millionen Menschen von verbesserten Gesundheitsdienstleistungen profitiert und zwölf Millionen Kinder können zur Schule gehen.“
Er verwies auf das Lieferkettengesetz, das trotz Widerstands aus der Wirtschaft beschlossen werden konnte, und auf das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf, das er ebenfalls vorangebracht hat. „Wir müssen diese Ansätze in den kommenden Jahren noch ausbauen“, betonte Müller. Mit dem Lieferkettengesetz droht großen Unternehmen in Deutschland ab 2023 unter anderem ein hohes Bußgeld, wenn sie in Kauf nehmen, dass ihre ausländischen Zulieferer Kinder arbeiten lassen oder gegen Menschenrechte verstoßen. Müller hat sich immer auch für eine zivilrechtliche Haftung eingesetzt, was aber vom Wirtschaftsministerium verhindert wurde.
Der geschäftsführende Minister wies auf bevorstehende „große Herausforderungen“ hin: „Die Bekämpfung von Pandemien, der globale Klimaschutz, die Ernährung einer weiter wachsenden Weltbevölkerung, der Schutz der Wälder und der Biodiversität, eine gerechte Globalisierung. An ihrer Lösung arbeiten wir in der deutschen Entwicklungspolitik Tag für Tag.“ An der Spitze des Ministeriums standen vor Müller bislang insgesamt zehn Männer und zwei Frauen.