Diese Kreise reklamierten für sich, im Besitz der politischen Wahrheit zu sein, und neigten dazu, den vermeintlichen Alleinvertretungsanspruch des Christentums auf die Politik zu übertragen, sagte Bednarz dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum bei Nienburg zum Thema „Neurechtes Christentum“.
Bednarz ist Autorin des Buches „Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern“. Themen der rechtsorientierten Christen seien vor allem der Kampf gegen die „Ehe für alle“, die Gleichstellung der Frauen und den sogenannten „Gender-Wahn“, aber auch gegen eine angebliche „Islamisierung“ der Gesellschaft. „Sie machen aus dem universalistischen Christentum der Nächstenliebe eine Art nationale Abendlands-Religion.“
Hier gebe es große Schnittmengen zum Rechtspopulismus, wie ihn etwa die AfD vertrete. Typisch seien der Hang zu Verfallsrhetorik und teilweise auch zu Verschwörungstheorien. Der Austausch geschehe in bestimmten Medien, auf Kongressen oder in sozialen Netzwerken.
Es gebe aber nicht nur eine feste Szene, auch Einzelpersonen fielen zunehmend mit rechtspopulistischen Positionen auf. „Viele haben diese Leute in ihrer Gemeinde, deswegen fragen mich immer wieder Pfarrer, wie sie damit umgehen sollen“, sagte Bednarz. Vor allem die Maßnahmen gegen die Corona-Krise hätten auch in den Kirchen stark polarisiert. „Ich rate Pfarrern in solchen Fällen, zwischen Haltung und Person zu trennen.“
Sie sollten in einer Person, die rechtspopulistische Argumentationsmuster übernimmt, primär jemanden sehen, der sich hat verführen lassen - und deshalb geduldig sein. „Das hat zum Teil sektenartige Strukturen, weil die Leute immer tiefer in dieser Gedankenwelt versinken und sich immer mehr von ihrem alten Umfeld isolieren.“ Eine Grenze sei jedoch überschritten, wenn jemand offen hetze. Schwierig sei es, wenn Pfarrer selbst rechtspopulistisches Gedankengut verbreiteten. Die Kirche dürfe das nicht dulden, forderte Bednarz.