Frankfurt a.M. (epd). Der Vizedirektor des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei, sieht im angekündigten Bürgergeld „keine wirklich überzeugende Alternative zu Hartz IV, die grundlegend anders wäre als das bestehende System“. Dennoch sollte die Grundsicherung neu justiert werden, sagte der Arbeitsmarktforscher im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man könne mit Bedacht an verschiedenen Stellschrauben drehen, beispielsweise an den Hinzuverdienstregelungen oder dem Schonvermögen.
Die Ankündigung von SPD, Grünen und FDP, künftig ein Bürgergeld einzuführen, überzeugt Walwei nicht. Eine Radikalreform erwarte er nicht. Der Grundgedanke des Förderns und Forderns bleibe richtig, unterstrich Walwei. „Man braucht weiter Mitwirkungspflichten und als Ultima Ratio auch Sanktionsmöglichkeiten.“ Es müsse weiterhin ausreichend Anreize geben, sich nicht dauerhaft im Leistungsbezug einzurichten: „Die Grundgedanken der Grundsicherung sind richtig.“
Zur Frage, ob wegen des Zwangs zu Kompromissen bei den verhandelnden Parteien am Ende nur „Hartz IV-Light“ zu erwarten ist, wollte sich der Professor nicht äußern: „Ich möchte nicht darüber spekulieren, wie die Verhandlungsergebnisse und die spätere Umsetzung aussehen werden.“ Doch wenn Kompromisse am Ende zu einer guten Balance von Fördern und Fordern führten, „entspräche das jedenfalls den Erkenntnissen unserer Forschung“.
Walwei zufolge müssen auch die umstritten Sanktionen bei Verstößen fortbestehen. „Ansonsten hat man faktisch ein bedingungsloses Grundeinkommen durch die Hintertür eingeführt“. Für einen Systemwandel gebe es ohnehin keine Evidenz.
Dass die Zahl der Hartz IV-Aufstocker mit einem Mindestlohn von zwölf Euro, wie ihn die künftige Regierung beschließen will, merklich sinkt, glaubt Walwei nicht: „Der Effekt wird nicht allzu groß ausfallen.“
Die Einführung eines wie auch immer ausgestalteten Bürgergeldes werde nicht zu einem völlig neuen Arbeitsansatz in den Jobcentern führen. „In den Jobcentern wird auch jetzt schon in der Regel kompetent gearbeitet. In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es da häufig ein sehr schräges Zerrbild. Die Grundsicherung ist bei weitem nicht so schlecht wie ihr Ruf.“