Berlin (epd). Die Klimakrise geht nach Warnung von Menschenrechtlern und Entwicklungsexperten in weiten Teilen der Welt mit einer Hungerkrise einher. Von den 35 am stärksten vom Klimawandel bedrohten Ländern litten 27 unter extremer Ernährungsunsicherheit, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der „Aktion gegen den Hunger“. Derzeit erlebe Madagaskar bereits die erste Hungersnot, die klar auf den Klimawandel zurückzuführen sei. Auch Amnesty International warnte anlässlich des UN-Klimagipfels in Glasgow vor Hungertoten in Folge der schweren Dürre in Madagaskar.
„Wir steuern auf eine globale Hungerkrise zu, die Millionen von Menschen das Leben kosten wird“, erklärte der Geschäftsführer von „Aktion gegen den Hunger“, Jan Sebastian Friedrich-Rust. Die aktuellen Klimaschutzverpflichtungen reichten bei weitem nicht aus, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. „Aktuell steuern wir auf 2,7 Grad globale Erwärmung zu - mit katastrophalen Folgen für die Ernährungssituation von mehreren Hundert Millionen Menschen weltweit“, mahnte er.
Laut dem Klimabericht der Hilfsorganisation zum Gipfel in Schottland könnten bei aktuellem Kurs der internationalen Gemeinschaft bis 2040 die globalen Ernteerträge um 50 Prozent sinken. Rund 3,9 Milliarden Menschen könnten häufigeren und massiveren Hitzewellen und 700 Millionen Menschen einem höheren Risiko von Dürre ausgesetzt sein, 400 Millionen Menschen arbeitsunfähig werden. Überschwemmungen und Hochwasser würden zunehmen.
Am heftigsten seien die Menschen und Gemeinschaften von der Klimakrise betroffen, die historisch gesehen am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben, erklärte die Hilfsorganisation. Die gesamten Treibhausgasemissionen der 27 am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffenen Länder betrügen weniger als fünf Prozent der Treibhausgasemissionen der G7-Staaten. „Aktion gegen den Hunger“ rief die Staatengemeinschaft auf, die Finanzierung von klimabedingten Schäden und Anpassungen sowie die vorausschauende humanitäre Hilfe dringend auszubauen.
Amnesty International verwies am Beispiel Madagaskar auf schwere Menschenrechtsverletzungen durch die Klimakrise. Wegen einer seit November 2020 anhaltenden Trockenheit im Süden des Landes stünden mehr als eine Million Menschen vor der ersten klimabedingten Hungersnot, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. „Diese katastrophale Dürre verletzt ihre Rechte auf Leben, Nahrung und Wasser“, sagte die Amnesty-Klima-Expertin Annelen Micus.
Auf der UN-Klimakonferenz vom 31. Oktober bis zum 12. November müssten ehrgeizige Ziele zur Reduktion der Emissionen beschlossen werden, die mit den Menschenrechten vereinbar seien. Zudem müssten sich die Länder zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten. Arme Länder, die besonders durch den Klimawandel litten, sollten angemessen unterstützt werden. Den Menschen, die durch die Folgen der Klimakrise geschädigt würden, müsse ein Recht auf Information und Beteiligung an klimarelevanten Entscheidungen garantiert werden.