Berlin (epd). Die FDP will sich bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen für eine Streichung des Strafrechts-Paragrafen 219a einsetzen, der die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. „Als Freie Demokraten im Deutschen Bundestag streiten wir für die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB“, sagte die Gesundheits- und Rechtsexpertin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Freitag). „Natürlich werden wir auch in Koalitionsverhandlungen dafür eintreten.“
Würden zunächst Verhandlungen über eine SPD-geführte Ampelkoalition geführt, könnten sich die Beteiligten auf eine Streichung des Paragrafen 219a verständigen. Die Grünen sind ebenfalls dafür. Die SPD hat in der vergangenen Legislaturperiode mit der Union zwar einen Kompromiss geschlossen, wonach das Werbeverbot nur gelockert, aber nicht abgeschafft wurde. Damit hatten sich insbesondere viele Frauen in der Fraktion aber sehr schwer getan, weil ihre Partei ursprünglich für eine Abschaffung des Werbeverbots eingetreten war.
„Die Zahl der Stellen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sinkt drastisch und rasant“, erklärte Helling-Plahr. Das müsse die Politik auf allen Ebenen alarmieren. Selbst die derzeit noch regierende große Koalition schließe nicht aus, dass die gesetzliche Stigmatisierung von legalen Schwangerschaftsabbrüchen durch den Paragraf 219a zu dieser Entwicklung beitrage, erklärte die Bundestagsabgeordnete unter Berufung auf die Antwort des Bundesfamilienministeriums auf eine Anfrage ihrer Fraktion.
Dass die Bundesregierung dennoch untätig geblieben sei, sei skandalös, fügte Helling-Plahr hinzu. „Sachliche Informationen auf der Homepage einer Ärztin oder eines Arztes über einen legalen ärztlichen Eingriff dürfen kein strafbares Unrecht sein“, betonte die Abgeordnete mit Blick auf den Fall der Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel, die auf Grundlage des Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt worden war.
Union und SPD hatten im Februar 2019 nach langen, zähen Verhandlungen einen Kompromiss zum Werbeverbot durch den Bundestag gebracht. Danach dürfen Ärztinnen und Ärzte zwar darüber informieren, dass sie Abtreibungen machen, nicht aber darüber, welche Methoden sie anwenden. Stattdessen führt die Bundesärztekammer Listen mit Ärzten und ihren jeweiligen Methoden und veröffentlicht sie im Internet. Detaillierte Informationen sind dort allerdings nicht zu finden.
Der Paragraf 219a verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Das führte in der Vergangenheit auch zu einer Verurteilung von Ärztinnen und Ärzten, die aus ihrer Sicht sachlich auf der Internetseite ihrer Praxis darüber informiert hatten, dass sie Abtreibungen durchführen und welche Methoden sie anwenden.