Berlin (epd). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Bundesregierung und die EU-Kommission zu einer Intervention bei der polnischen Regierung wegen der Lage der Flüchtlinge an der Grenze zu Belarus aufgefordert. Dort sei dringend humanitäre Hilfe notwendig, sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion, Markus N. Beeko, am Donnerstag in einer Videopressekonferenz. Der Zugang für unabhängige Beobachter sowie die UN-Hilfsorganisationen UNHCR und IOM müsse gewährleistet werden. Den von der polnischen Regierung ausgerufenen Ausnahmezustand, der den Zugang derzeit verhindert, nannte er „untragbar“.
Auf der belarussischen Seite der Grenze hoffen nach Angaben von Amnesty vor allem Afghanen, die nach der Machtübernahme der Taliban aus ihrem Land geflohen sind, auf Schutz in Europa. Das Brüsseler Amnesty-Büro erklärte kürzlich, dass von polnischer Seite 32 Afghanen zurückgewiesen worden seien. Solche sogenannten Push-Backs sind nach der Genfer Flüchtlingskonvention, die in der EU gilt, illegal. Es fehle eine Eskalation der Bundesregierung und der EU-Kommission, um die Lage für die Schutzsuchenden zu bessern, sagte Beeko: „Das ist überfällig.“
Zusammen mit der Flüchtlingsschutzorganisation Pro Asyl präsentierte Amnesty am Donnerstag flüchtlingspolitische Forderungen an die nächste Bundesregierung. Auch darin werden Rechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen mit Hinweis auf Zurückschiebungen nach Libyen oder in die Türkei angeprangert. Amnesty fordert ein unabhängiges Monitoring des Vorgehens von Grenzschützern und spricht sich dafür aus, die Zusammenarbeit im europäischen Grenzschutz infrage zu stellen und Ressourcen abzuziehen, wenn es wiederholt zu Menschenrechtsverletzungen kommt.
Zu den Forderungen der Organisationen gehören außerdem ein Ausbau der humanitären Aufnahmeprogramme in Deutschland und ein erleichterter Familiennachzug. „Wir brauchen endlich wieder das Recht, als Familie zusammenzuleben“, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die nächste Bundesregierung müsse einen neuen Impuls für „menschenrechtliche Leitplanken“ setzen, sagte er. Dazu gehöre auch ein Kanzler, der diesen Impuls aktiv unterstütze, sagte er.