Tübingen (epd). Der evangelische Theologe Eberhard Jüngel ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 86 Jahren, wie die Universität Tübingen am Mittwoch mitteilte. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte den Tübinger Professor als „einen der großen deutschen Theologen des 20. Jahrhunderts“.
Jüngel lehrte in Berlin, Zürich und ab 1969 in Tübingen. Dort war er 18 Jahre lang Ephorus, also Vorsteher des Evangelischen Stifts. „Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus“ heißt Jüngels Hauptwerk aus dem Jahr 1977.
Bis 2013 war Jüngel Kanzler des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste. In der EKD war er nahezu drei Jahrzehnte berufenes Mitglied der Synode, hatte über viele Jahre den Vorsitz in der Kammer für Theologie und gehörte der Kammer für Öffentliche Verantwortung an. Von 2003 bis 2006 leitete er die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg. Zudem war Jüngel geschätzter Redner auf Kirchentagen.
Der EKD-Ratsvorsitzende würdigte eine „sprachmächtige Theologie“ Jüngels, die Theologen aus mehreren Generationen maßgeblich geprägt habe. Jüngel habe immer wieder eingeschärft, dass Gottes Wesen nichts Abstraktes sei, sondern in der von Liebe geprägten Beziehung zu den Menschen liege. „Dass diese Beziehung auch stärker ist als der Tod, das möge er jetzt erfahren“, erklärte Bedford-Strohm.
Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, teilte mit, seine Kirche habe Jüngel viel zu verdanken. Seine „Theologie, die Gott als Geheimnis der Welt denken konnte, kann uns auch in Zukunft im Glauben und im Nachdenken über den Glauben stärken und ermutigen“, betonte July. Die Ulmer Regionalbischöfin Gabriele Wulz nannte Jüngel einen „wahrhaft ökumenischen Theologen“, wie sich etwa in seinem Einsatz für die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von Vatikan und Lutherischem Weltbund gezeigt habe. In seinen Predigten habe der Theologe weit über die akademische Welt hinaus Menschen berührt und einen neuen Zugang zum Glauben eröffnet, sagte Wulz.