Essen (epd). Eltern von Grundschulkindern waren mehrheitlich durch den Distanzunterricht ihrer Kinder während der Corona-Pandemie starkem Druck ausgesetzt. Mehr als 60 Prozent hätten sich durch den digital erteilten Unterricht im Wohnzimmer immer oder sehr häufig gestresst gefühlt, teilte das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung am Montag in Essen ein zentrales Ergebnis einer Erhebung mit. Im Juni und Juli waren knapp 6.000 Eltern von Grundschulkindern in Nordrhein-Westfalen zu Lern- und Alltagssituationen während der zweiten Phase der Pandemie befragt worden. Einbezogen wurden auch Daten etwa zum Einkommen in den jeweiligen Stadtvierteln der Schulen.
Die Analyse zeige, dass in punkto Elternbelastung nur wenige Unterschiede zwischen Familien aus wohlhabenderen und ärmeren Stadtvierteln erkennbar waren, hieß es. Grundsätzlich sei es der Mehrheit der befragten Eltern schwergefallen, ihre Kinder zu Hause zum Lernen zu motivieren. Dies habe sich dann bei denjenigen Schülerinnen und Schülern verstärkt, die vonseiten ihrer Schule keine oder kaum digitale Lernmittel zur Verfügung gestellt bekamen. Besonders Schulen in ärmeren Stadtvierteln setzten im Durchschnitt weniger digitale Lernmittel regelmäßig ein wie etwa Videounterricht, Apps oder Lernvideos.
Die Mehrheit der Grundschulkinder (75 Prozent) verbrachte während des Distanzlernens zwei bis vier Stunden täglich fürs Lernen oder Hausaufgaben. Dabei falle auf, dass der Lernumfang mit bis zu zwei Stunden täglich bei über einem Drittel der Kinder (38 Prozent) deutlich unter der normalen Schulzeit liegt, erklärten die RWI-Forscher. Zudem wurden Kinder von den durchschnittlich drei Stunden durchschnittlich 2,5 Stunden von einem Elternteil unterstützt - und arbeiteten durchschnittlich also nur eine halbe Stunde allein. Insgesamt jedoch unterschieden sich Kinder mit und ohne Migrationshintergrund oder in Nachbarschaften mit unterschiedlich hohem Einkommen kaum bei der Lerndauer und der Dauer der Unterstützung durch die Eltern
Unterschiede zwischen Stadtvierteln ergaben sich auch bei der Anschaffung beziehungsweise erstmaligen Anschaffung digitaler Endgeräte der Eltern für ihre Kinder. Denn nur bei einem kleinen Teil der verwendeten Tablets handelte es sich um Leihgeräte der jeweiligen Schule, hieß es. Sehr viele Familien mussten der Erhebung zufolge digitale Endgeräte speziell für das Distanzlernen anschaffen. Vor allem Familien in Nachbarschaften mit geringerem Einkommen waren von Neuanschaffungen und den finanziellen Belastungen betroffen. In ärmeren Nachbarschaften seien außerdem häufiger auch Mobiltelefone für das Distanzlernen genutzt worden - mit dem Nachteil kleiner Displays.
Auch wenn sich der Mehrheit der Eltern von den Schulen gut unterstützt fühlten, bleibe die Negativbilanz von geringerem Unterrichtsumfang, Lernrückständen beziehungsweise ausgebliebenen Klassenarbeiten, lautet eine Bilanz des RWI. Die Lernkontrollen fielen für Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund etwas häufiger schlechter als erwartet aus. Allerdings fanden in etwa elf Prozent der Fälle keine Tests in Deutsch oder Mathematik statt. Das war vor allem in den ersten beiden Jahrgangsstufen der Fall.