Karlsruhe (epd). Berät ein Häftling trotz eines Verbotes Mitgefangene in rechtlichen Fragen, dann kann das seine Verlegung in eine andere Haftanstalt begründen. Denn werden die Insassen durch die Beratung negativ beeinflusst, ist die Einweisung in anderes Gefängnis „aus Gründen der Vollzugsorganisation“ gerechtfertigt, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschied. (AZ: 2 BvR 1368/20) Grundsätzlich müsse ein Gericht bei der Entscheidung über eine solche Verlegung aber immer auch damit einhergehende mögliche Grundrechtsverletzungen in den Blick nehmen, hieß es.
Im Streitfall musste der Beschwerdeführer wegen Insolvenzverschleppung zu drei Jahren und drei Monaten hinter Gitter. Er war in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) für Strafgefangene ab dem 63. Lebensjahr untergebracht, in der einige Lockerungen im Strafvollzug galten.
Mehreren Mitgefangenen drängte sich der Mann als Jurist auf und bot rechtswidrig juristische Beratungen. Nach mehrfachen Ermahnungen durch die Leitung der JVA wurde er in ein anderes Gefängnis verlegt. Gefangene hätten infolge der Beratung finanzielle und persönliche Einbußen erlitten, hieß es zur Begründung. Er sei charakterlich nicht in der Lage oder gewillt, die Vorgaben der JVA zu akzeptieren, lautete die Begründung. Der Beschwerdeführer wehrte sich dagegen, weil in dem neuen Gefängnis die Vollzugslockerungen wegfielen. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe billigte jedoch die Verlegung.
Dem folgte auch das Bundesverfassungsgericht, es beanstandete aber eine fehlerhafte Prüfung der Vorinstanz. Bei einer Verlegung in ein anderes Gefängnis müssten immer auch die Grundrechte des Gefangenen in den Blick genommen werden. Denn mit der Verlegung verliere der Häftling seine sozialen Kontakte. Das könne die Resozialisierung erschweren, so das Karlsruher Gericht.
Trotz dieser unterbliebenen Prüfung sei dennoch die Haftverlegung „aus Gründen der Vollzugsordnung“ nicht zu beanstanden. Der Häftling habe mit der verbotenen Rechtsberatung Mitgefangene dem Risiko finanzieller Schäden ausgesetzt.