"Meisterin der Täuschung" blüht in der Stuttgarter Wilhelma

"Meisterin der Täuschung" blüht in der Stuttgarter Wilhelma

Stuttgart (epd). Erstmals kann der Zoologisch-botanische Garten Wilhelma in Stuttgart nach zehn Jahren Pflege mit einer besonderen botanischen Rarität aufwarten: der Blüte einer Pfeifenblume. Pfeifenblumenarten wüchsen üblicherweise in Regenwäldern, wo relativ wenige blütenbestäubende Insekten vorkommen, erläuterten die Experten der Wilhelma am Freitag. Die Pflanzen greifen deshalb zu Tricks, um sich bestäuben zu lassen. Im Fall der aus Mittelamerika stammenden Pfeifenblume imitiert die Blüte am Fuß der Pflanze einen Pilz, um auf Pilzmücken attraktiv zu wirken.

Die Pfeifenblume ist eigentlich ein kleiner Baum. Ihre Blüte direkt über der Erde am Stamm ahmt nicht nur den Geruch von Pilzen nach. „Im Zentrum jeder Blüte wächst, umrahmt von einer leuchtend roten Höhle, die optisch perfekte Kopie eines kleinen Pilzes. Mit weißlichem Stiel und rotbrauner Kappe imitiert sie Pilze aus der Gattung der Schwindlinge“, erklärten die Wilhelma-Experten. Denn diese Pilzart komme in der Heimat der Pfeifenblume in der Streuauflage des Bodens und auf Totholz häufiger vor. Wenn die Pilzmücke, die eigentlich ihre Eier auf Pilzen ablegen will, die Blüten-Täuschung bemerkt und die Blüte verlässt, ist sie bereits mit Blütenstaub übersät und bestäubt so ungewollt die nächste Blüte, auf der sie danach landet.

Über zehn Jahre war die Pfeifenblume in der Wilhelma als Topfpflanze kultiviert worden. Vor Kurzem zog sie in ein Beet in der historischen Gewächshauszeile um. „Sich ausbreiten zu können, veranlasste die Pflanze offenbar nun, Blüten zu treiben“, heißt es in der Mitteilung. In der Natur sei die Pfeifenblume selten geworden, deshalb gelte die Erhaltung in Botanischen Gärten als wichtig.