Frankfurt a.M. (epd). Politiker und Forscher fordern mehr Werbung und positive Anreize, um Skeptiker für eine Corona-Impfung zu gewinnen. Umstritten bleibt, ob es für nicht-geimpfte Erwachsene Nachteile geben soll. „Im Herbst, wenn die Fallzahlen sehr hoch sind, wird es eine Reihe von Einschränkungen für Ungeimpfte geben müssen“, zitiert die „Bild am Sonntag“ den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen bezweifelt dagegen, dass etwa mit der Abschaffung der kostenlosen Corona-Tests Menschen zum Impfen bewegt werden können. Das sei ein Trugschluss, sagte Dahmen dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag). "Ich bin als Arzt und Politiker nicht davon überzeugt, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt Menschen mit Debatten über Druck, Zwang und Bestrafung zum Impfen bekommen.”
Die bisherige Kampagne der Bundesregierung reiche nicht aus, sagte der Fraktionsgeschäftsführer der Linkspartei im Deutschen Bundestag, Jan Korte, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag). In einem Konzeptpapier Kortes für einen „Impfsommer 2021“, das dem RND vorliegt, fordert der Linken-Politiker die Regierung auf, gesellschaftliche Akteure wie Gewerkschaften, Sportverbände und Glaubensgemeinschaften in eine gemeinsame Impfkampagne mit einzubeziehen.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland unterstrich, zwei Drittel der Moscheegemeinden in Deutschland böten vor allem an Wochenenden Impfaktionen an. „Die Resonanz, auch in der nichtmuslimischen Nachbarschaft der Gotteshäuser, ist hoch“, sagte der Vorsitzende, Aiman A. Mazyek, dem RND. Zugleich rief er die Muslime auf, sich impfen zu lassen.
„Die Impfbereitschaft sinkt nicht“, sagte die Psychologin Cornelia Betsch in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Impfbereitschaft unter den Deutschen sei seit der Zulassung der Impfstoffe kontinuierlich gestiegen, so die Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt: „Was abnimmt, ist das Impftempo.“ Es gebe viele Menschen, die die Bereitschaft haben, sich impfen zu lassen. „Sie machen es nur gerade nicht“. Allerdings müsse die Gesellschaft verstehen, „dass wir uns jetzt dringend impfen lassen sollten und nicht erst irgendwann im Herbst.“
Wolfram Henn, Humangenetiker und Mitglied des Deutschen Ethikrats, fordert eine Impfpflicht für Mitarbeiter in der Personenbeförderung. „Eine Krebspatientin sollte sich darauf verlassen können, dass der Taxifahrer, der sie zur Chemotherapie bringt, sie nicht unnötig gefährdet“, schreibt Henn in einem Gastbeitrag für die „Augsburger Allgemeine“ (Montag). Auch Lehrkräfte und Pflegepersonal müssten zur Impfung verpflichtet werden.
Der Göttinger Angstforscher Borwin Bandelow hält eine gezielte Werbung für sinnvoll, um Unentschlossene für eine Corona-Impfung zu gewinnen. „Jetzt muss - wie in der Fernsehwerbung - das Belohnungssystem der Menschen angesprochen werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Samstag). „Warum keine Impf-Partys veranstalten, bei denen eine tolle Band spielt, wo es vielleicht eine Lotterie und Grillwürstchen gibt?“
Die Karlsruher Wirtschaftswissenschaftlerin Nora Szech plädiert dagegen für eine finanzielle Zahlung an Geimpfte. Sie glaube nicht, dass niedrigschwellige Impfangebote und Informationskampagnen ausreichen, um mehr Menschen zum Impfen zu motivieren, sagte die Ökonomin des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) dem RND. „Das hat in keinem Land ausgereicht.“