Oldenburg (epd). Im Fall eines Staatsanwaltes, der in einem Prozess wegen Kindesmisshandlung aus religiösen Gründen eine milde Strafe gefordert haben soll, hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg ein behördeninternes Disziplinarverfahren eingestellt. Der Anklagevertreter habe weder Gewalt gegen Kinder bagatellisieren noch begangenes Unrecht relativieren wollen, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Zunächst hatte die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ über die Einstellung des Verfahrens berichtet.
In der Verhandlung, einem Berufungsprozess, ging es um einen zur Tatzeit 55-jährigen Familienvater, der seine Kinder geschlagen hatte. Der Staatsanwalt habe sich dabei in seinem Plädoyer auf den Bibelsatz „Wer sein Kind liebt, der züchtigt es“ berufen, berichtete die Oldenburger „Nordwest Zeitung“ im Oktober. Er habe die Taten des Angeklagte zudem mit den Worten relativiert, es sei noch gar nicht so lange her, da sei das Schlagen der eigenen Kinder erlaubt gewesen.
Die Staatsanwaltschaft erklärte nun, der Ankläger habe gemäß seinem Berufsbild Argumente sowohl zulasten als auch zugunsten des geständigen Angeklagten vorgetragen, der keinen Verteidiger zur Seite gehabt habe. Um dies zu untermauern, habe er die kritisierten Formulierungen verwendet. Der Vorsitzenden Richterin sei deutlich gewesen, dass der Ankläger keinen eigenen Standpunkt vorgetragen habe, sondern die Sozialisation des Angeklagten aufzeigen wollte, der nicht in Deutschland aufgewachsen war.
Auch die Staatsanwaltschaft halte die Formulierungen für „äußerst unglücklich“, weil sie einen falschen Eindruck erwecken konnten, betonte ein Sprecher. Der Ankläger selbst bedauere, „derart falsch“ interpretiert worden zu sein. Die Medienberichterstattung habe ihn zutiefst getroffen.
Das Landgericht hatte den Familienvater schließlich wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 4.200 Euro (AZ: 16 Ns 17/20) verurteilt, ein dritter Fall wurde wegen Verjährung eingestellt. Der Ankläger hatte in seinem Plädoyer 3.500 Euro auf Bewährung verlangt. In erster Instanz hatte das Amtsgericht Cloppenburg noch eine Geldstrafe von 4.550 Euro verhängt. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte im April strafrechtliche Ermittlungen wegen Strafvereitelung im Amt gegen den Oldenburger Staatsanwalt eingestellt.