epd: Herr Baaske, die EKBO ruft zur Teilnahme am globalen Klimastreik am 24. September auf - warum?
Hans-Georf Baaske: Wir wollen als Landeskirche „Fridays for Future“ unterstützen und beteiligen uns bereits seit 2019 am globalen Klimastreik. Aber als Kirche haben wir uns schon sehr viel früher, lange vor „Fridays for Future“, mit dem Thema Bewahrung der Schöpfung beschäftigt. Umwelt und Klimaschutz ist ein grundsätzlicher Auftrag unseres kirchlichen Handelns. Und als „Fridays for Future“ auf den Plan trat, sagten wir uns: Wir müssen auf jeden Fall diese Generation der jungen Menschen unterstützen, die sich jetzt in Sachen Klimaschutz auf den Weg machen. Schließlich ist diese Generation auch Hauptleidtragende der aktuellen, schlechten Klimapolitik. Außerdem unterstützen wir damit auch viele junge Menschen, die in Sachen Klimaschutz in der evangelischen Jugend unterwegs sind. Durch unser Umweltkonzept 2014 und Klimaschutzkonzept 2017 haben wir als Landeskirche unsere Grundsätze und geplanten Maßnahmen festgelegt, und die decken sich zum großen Teil mit denen von „Fridays for Future“. Es ist wichtig, dass wir nicht nur innerkirchlich reden und handeln, sondern es gemeinsam mit denen tun, die sich in der Gesellschaft engagieren.
Was erhoffen Sie sich vom 24. September?
Baaske: Zum einen hoffen wir darauf, wieder analog demonstrieren zu können, gemeinsam mit vielen anderen, um so zu zeigen, dass sich viele Menschen mehr Klimaschutz wünschen. Zum anderen sind zwei Tage danach Bundestagswahlen. Dabei steht meines Erachtens der Klimawandel im Mittelpunkt. Hoffentlich gelingt es uns mit der Demonstration, dass viele Menschen zur Wahl gehen und sie auch zu einer Klimawahl machen, also darauf achten, welche Parteien Klimaschutz schon ernstgenommen haben und weiterhin ernst nehmen wollen.
Wie schätzen Sie die Resonanz auf „Fridays for Future“ in den Kirchengemeinden ein?
Baaske: Es wird sehr unterschiedlich gesehen. Es gibt eine Reihe kirchlicher Organisationen wie etwa „Church for Future“, die sich vor Ort mit einzelnen „Fridays for Future“-Gruppen solidarisieren und zusammenarbeiten. Auch wir als Umweltbüro der Landeskirche machen das immer wieder. Aber es gibt auch Kirchengemeinden, die das skeptisch sehen. Die sehen eher die Breite und Vielfalt der Bewegung mit all ihren verschiedenen Forderungen und Aktionsformen und finden diese nicht vereinbar mit ihrem Gemeindeleben. Es gibt dazu keine einheitliche Meinung in unserer Landeskirche. Es gibt Christinnen und Christen, die sich sehr stark engagieren, und andere, die die Sache kritisch sehen. Wir rufen deswegen nicht nur zur Teilnahme an den Demonstrationen auf, sondern auch dazu, dass die Kirchengemeinden an diesem 24. September um 18 Uhr die Glocken läuten und zu einer Klimaandacht einladen. Als Umweltbüro stellen wir dafür eine Vorlage zur Verfügung. Damit hoffen wir, in den Kirchengemeinden eine möglichst breite Unterstützung für dieses wichtige Anliegen zu finden.
Warum gibt es Ihres Erachtens diese Zurückhaltung bei den Gemeinden für öffentliche Aktionsformen?
Baaske: Den Gemeinden fällt es meines Erachtens immer noch schwer, zu sagen, wir gehen auf die Straße um einer Sache willen und demonstrieren gemeinsam mit anderen, mit denen wir ansonsten in unserem gemeindlichen Alltag nicht so viel zu tun haben. Es fällt Gemeinden offensichtlich manchmal noch schwer, nicht selbst Veranstalter zu sein, sondern öffentlich als Kirche gemeinsam mit anderen Gruppen für eine Meinung einzustehen.
Wie wird sich die evangelische Kirche als Arbeitgeber verhalten?
Baaske: Da müssen wir differenzieren. Auf landeskirchlicher Ebene gab es im Konsistorium beim letzten Mal (September 2019) keine Freistellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Teilnahme am Klimastreik, sondern sie hatten die Möglichkeit, dafür einen Arbeitszeitausgleich oder Urlaub zu nehmen. Zudem wurde die Kernarbeitszeit an diesem Tag ausgesetzt. Für uns war und ist wichtig, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an den Klima-Demonstrationen gegeben ist. Aber es gilt auch, selber etwas dafür einzusetzen. Das hoffe ich auch für die Mitarbeiter in den Kirchenkreisen und Gemeinden.
Das im vergangenen Herbst verabschiedete Klimaschutzgesetz der EKBO sieht eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf Null bis 2050 vor. Das Bundesverfassungsgericht hat im April das deutsche Klimaschutzgesetz als unzureichend bezeichnet. Die Bundesregierung will jetzt Klimaneutralität bis 2045 schaffen. Muss die EKBO bei ihren Plänen nachjustieren?
Baaske: Das ist so und ist im Gesetz auch so schon angelegt. Es soll alle drei Jahre evaluiert werden, das nächste Mal 2023. Ob wir es schaffen, die Klimaneutralität vielleicht noch früher zu erklären als 2045, werden die nächsten Jahre zeigen. Wir legen jetzt erst einmal den Schwerpunkt auf die konkreten Maßnahmen des Klimaschutzgesetzes, denn wir müssen unbedingt jetzt zu Einsparungen beim CO2-Ausstoß kommen.
Zur Erreichung des Zieles Klimaneutralität sieht das Gesetz eigene kirchliche Preise für Kohlendioxid vor. Konkret soll jede Gemeinde für Gebäude in ihrer Zuständigkeit ab 2023 jährlich pro ausgestoßener Tonne klimaschädigender Gase jeweils 125 Euro in einen kirchlichen Klimaschutzfonds einzahlen, aus dem dann Modernisierungen etwa von Heizungsanlagen gefördert werden. Wie sind denn die Reaktionen aus den Gemeinden?
Baaske: Der erste Erfolg war, dass fast 80 Prozent der Synodalen als Vertreter der Gemeinden und Kirchenkreise das Gesetz befürwortet haben. Das ist ein wichtiges Signal. Vorangegangen war ein sehr umfassender Diskussionsprozess auf allen Ebenen der Landeskirche. Klar ist, dass wir künftig klimaschädigende Gase nicht mehr einfach kostenlos weiter in die Atmosphäre abgeben können, weil ansonsten unsere Schöpfung und wir Menschen daran zu Grunde gehen. Im Gegensatz zur Bepreisung klimaschädigender Gase durch die Bundesregierung fließt unsere Klimaschutzabgabe wieder zurück an die Gemeinden. Wir fördern damit den klimaneutralen Umbau unserer Gebäude. Aber natürlich gibt es nicht nur positive Reaktionen. Wir haben Gemeinden, die sagen, dass sie bei der Umsetzung des Klimaschutzgesetzes der EKBO in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnten. Da müssen die Kirchenkreise im Ernstfall dann genau hinschauen und die Gemeinden wenn möglich auch finanziell unterstützen. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, kommen wir nicht darum herum, Geld in die Hand zu nehmen, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Aber wir werden zukünftig durch geringere Betriebskosten auch Geld einsparen. Aktuell arbeiten wir daran, den Energieverbrauch und die Emissionen der gut 4.500 Gebäude in der Landeskirche digital zu erfassen.