Berlin (epd). Der Sozialethiker Peter Dabrock hat mehr niedrigschwellige Angebote in der Corona-Impfkampagne gefordert. „Wir müssen jetzt das Augenmerk auf die Impfmüden richten“, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er sei für Anreizverfahren, sagte Dabrock, lehnte große Geschenke nach einer Impfung aber ab. Wichtiger und besser sei es, Gelegenheiten für Impfungen ohne hohe Hürden zu schaffen. Die Impfung sei ein solidarisches Geschenk für die Kinder und Jugendlichen, die sich noch nicht schützen können, betonte Dabrock.
„Gut zustimmen kann ich, wenn jemand bei einer Impfung in einem Einkaufszentrum einen Zehn-Euro-Gutschein für die Geschäfte bekommt oder eine Portion Pommes nach der Impfung im Freibad“, sagte der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. Mit größeren Geschenken tue er sich schwer. „Das ist ungerecht gegenüber allen, die sich bisher einfach so haben impfen lassen“, sagte er. Man dürfe nicht nur diejenigen belohnen, „die sich zum Jagen tragen lassen“. Unter anderem Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte Belohnungen für Impflinge ins Gespräch gebracht.
Dabrock kritisierte zudem Forderungen nach einer baldigen Aufhebung aller Einschränkungen für Geimpfte. Es gebe zehn Millionen Kinder, die noch nicht geimpft werden können, und weitere 15 Millionen unter 18-Jährige, für die das zumindest nicht umfassend empfohlen sei. „Sie hatten für ihr verhältnismäßig kurzes Leben bisher die größten Einschränkungen“, sagte der Erlanger Theologieprofessor. Es sei daher jetzt die Zeit, sich für die Solidarität zu revanchieren.
Ein Weg könne sein, in öffentlichen Verkehrsmitteln und geschlossenen Räumen mit vielen Menschen an Maskenpflicht und Abstandsgebot festzuhalten, schlug er vor. Bei Veranstaltungen an der frischen Luft könne man darauf verzichten oder Zugang nur mit Impf- oder Testnachweis gewähren. „Das wäre ein guter Weg, um Grundrechtseinschränkungen zurückzunehmen und gleichzeitig vulnerable Gruppen zu schützen“, sagte er.
Zudem erneuerte Dabrock seine Forderung nach einem Schulgipfel, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Ministerpräsidenten sowie Vertreter von kommunalen Spitzenverbänden, Kultusministerkonferenz und Schulbehörden zusammenkommen sollten. „Wir laufen erkennbar auf ein zweites Katastrophenschuljahr zu“, kritisierte er.
Dabrock forderte eine Verständigung auf bundesweit einheitliche Regeln, um Eltern Planungssicherheit zu geben. „Es muss vereinbart werden, wer nach einem positiven Fall in Quarantäne muss - der Sitznachbar oder die ganze Klasse“, sagte er. Das werde unterschiedlich gehandhabt. Zudem müssten mehr Tests und Luftfilter beschafft werden. „Auch ein überzeugendes Konzept für die Digitalisierung fehlt“, kritisierte Dabrock. Das müsse auf höchster politischer Ebene besprochen werden. „Offensichtlich schaffen es die Kultusminister allein nicht“, sagte er.