"Ocean Viking" bringt knapp 600 Flüchtlinge in Sizilien an Land

"Ocean Viking" bringt knapp 600 Flüchtlinge in Sizilien an Land
Eine Woche verging zwischen der ersten Rettung und der Ankunft im Hafen: Knapp 600 in Seenot gerettete Flüchtlinge können die "Ocean Viking" in der sizilianischen Hafenstadt Augusta verlassen. Die Seenotretter zeigen sich erleichtert.

Frankfurt a.M. (epd). Nach tagelangem Warten können die 572 von der „Ocean Viking“ aus Seenot geretteten Flüchtlinge im sizilianischen Hafen Augusta an Land gehen. Die ersten Menschen hätten um 11.30 Uhr das Schiff verlassen, sagte die Sprecherin der Betreiberorganisation SOS Méditerranée, Petra Krischok, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag. Die Seenotretter zeigten sich erleichtert, kritisierten aber zugleich die lange Wartezeit für die Zuweisung eines sicheren Hafens.

Die „Ocean Viking“ hatte die Flüchtlinge und Migranten seit Ende vergangener Woche bei sechs Einsätzen im zentralen Mittelmeer gerettet. Von den insgesamt 572 Geretteten sind nach Angaben der Organisation 183 minderjährig. Davon seien 159 Kinder und Jugendliche ohne Begleitung von Erwachsenen. Auch zwei schwer körperlich behinderte Kinder sowie eine schwangere Frau wurden gerettet.

Nach Angaben der SOS-Méditerranée-Sprecherin Krischok haben bis Freitagnachmittag alle Familien mit Kindern sowie die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge die „Ocean Viking“ verlassen. Auch Flüchtlinge und Migranten, die medizinisch behandelt werden müssen, seien bereits an Land. Die anderen Geretteten dürften erst am Samstag von Bord gehen und würden zunächst auf ein Quarantäneschiff gebracht, sagte Krischok.

Die italienischen Behörden hatten der „Ocean Viking“ den Hafen Augusta am Donnerstagabend zugewiesen, nachdem in den Tagen zuvor mehrere Anträge unbeantwortet blieben. Malta hatte den Seenotrettern die Einfahrt in einen Hafen verweigert. Einige Flüchtlinge und Migranten hatten vor der Anlandung bis zu zwölf Tage auf See verbracht. Viele Menschen an Bord waren nach Angaben von SOS Méditerranée seekrank, dehydriert und traumatisiert.

Die politische Referentin von SOS Méditerranée, Jana Ciernioch, bezeichnete die lange Wartezeit als „unwürdiges Rumgeschacher“. Dahinter stehe das Problem, dass die EU-Staaten sich nicht auf eine solidarische Lösung für die Verteilung von aus Seenot geretteten Flüchtlingen einigten, sagte sie dem epd. „Die Auswirkungen davon spüren wir auf See.“ Sie forderte einen verbindlichen und transparenten Verteilungsmechanismus in der Europäischen Union.

Immer wieder harren private Seenotretter tagelang auf See aus, bevor ihnen ein sicherer Hafen zugewiesen wird. Die Schiffe werden zudem häufig von den Behörden festgesetzt. Zuletzt wurde die „Geo Barents“ der Organisation „Ärzte Ohne Grenzen“ Anfang Juli wegen technischer Mängel nach Abschluss eines Rettungseinsatzes von den italienischen Behörden festgesetzt. SOS- Méditerranée-Referentin Ciernioch bezeichnete das Vorgehen als politisch motiviert. Die technischen Mängel seien nur vorgeschoben. Sie hoffe, dass die „Ocean Viking“ schnell wieder in See stechen dürfe.

Das Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Laut IOM sind in diesem Jahr bislang mindestens 898 Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, auf diesem Weg nach Europa zu gelangen.