Haiti: Weitere Festnahmen nach Ermordung von Präsident Moïse

Haiti: Weitere Festnahmen nach Ermordung von Präsident Moïse
Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Polizei weitere Tatverdächtige festgenommen. Die Bundesregierung sorgt sich um die politische Stabilität in dem Karibikstaat.

Berlin, Port-au-Prince (epd). Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Polizei 17 mutmaßliche Täter festgenommen. Insgesamt seien 28 Personen an dem Angriff beteiligt gewesen, erklärte Polizeichef Léon Charles am Donnerstag (Ortszeit) in Port-au-Prince. Acht Verdächtige seien noch auf der Flucht. Bei den Festgenommenen handele es sich um 15 Kolumbianer und zwei US-Amerikaner. Die kolumbianische Regierung bestätigte, dass mindestens sechs der mutmaßlichen Attentäter aus dem Land stammten. Sie seien ehemalige Armeeangehörige, erklärte Verteidigungsminister Diego Molano in einer Video-Stellungnahme.

Derweil nehmen die politischen Spannungen in dem von Korruption, Armut und Gewalt geprägten Land zu, seit Moïse in der Nacht zum Mittwoch in seinem Haus ermordet wurde. Der designierte Premierminister Ariel Henry stellte die Legitimität des Übergangspremiers Claude Joseph in Frage. „Für mich ist er nicht mehr der Premierminister,“ sagte er laut der haitianischen Tageszeitung „Le Nouvelliste“. Henry, der von Moïse ernannt worden war, sollte das Amt in diesen Tagen übernehmen.

Am Mittwochabend hatte Joseph den landesweiten Notstand ausgerufen. Das Militär kann damit polizeiliche Aufgaben übernehmen und die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden werden ausgeweitet. Henry kritisierte den Schritt. „Ich denke, das war etwas überstürzt“, sagte er.

Sowohl die Opposition als auch der Oberste Gerichtshof hatten die Rechtmäßigkeit von Moïses Präsidentschaft bestritten. Da keine Parlamentswahlen stattfanden, regierte Moïse in den letzten Jahren per Dekret. Während Regimekritiker den Rücktritt des Präsidenten gefordert hatten, wurde er von den EU und den USA gestützt. Hilfsorganisationen und Menschenrechtler werfen Moïse vor, er habe politische Institutionen geschwächt und sei brutal gegen demokratische Bewegungen vorgegangen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Freitag in Berlin mit Blick auf Haiti von einer „gewissen Sorge“ und äußerte die Hoffnung, dass Stabilität gewahrt werden könne. Zugleich verurteilte er die „grässliche Tat“ aufs Schärfste und drückte der haitianischen Bevölkerung die Anteilnahme Deutschlands aus.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes fügte hinzu, dass in Haiti wegen umstrittener rechtlicher Entscheidungen auch des nun ermordeten Präsidenten ein Machtvakuum entstanden sei. Die weitere politische Entwicklung des Landes hänge stark vom politischen Willen aller ab, Ruhe und Ordnung zu bewahren und einen konstruktiven Dialog zu führen. Ein ganz wichtiger Schritt wäre seinen Worten nach die Abhaltung von Parlamentswahlen.

Haiti ist das ärmste Land Lateinamerikas. Etwa 70 Prozent der 11,2 Millionen Einwohner des karibischen Inselstaates leben in Armut.