Berlin (epd). Deutschland muss nach Worten des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Jürgen Dusel, mehr für die Barrierefreiheit tun. In einem am Freitag vorab verbreiteten Interview der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Montag) sagte er, im öffentlichen Bereich seien die Einschränkungen für Menschen mit Behinderungen zwar weniger geworden, im privaten Sektor seien andere europäische Länder jedoch weiter. „In Deutschland ist die Angst groß, private Anbieter zu Auflagen zu verpflichten.“
Als Beispiel nannte er Geldautomaten: „Machen Sie mal die Augen zu und versuchen Sie, an einem Bankautomaten an Geld zu kommen.“ Die Menüführung sei nicht einheitlich, manchmal gebe es einen Touchscreen, „da können Sie nichts erfühlen“. Dusel, der von Geburt an sehbehindert ist, sagte: „Ich kann ohne Hilfe kein Geld holen, das ist frustrierend.“ Geld- und Ticketautomaten könnten digitalisiert werden mit Schnittstellen zum Smartphone mit Vorlesefunktion, fügte er hinzu. In anderen Ländern sei das bereits gang und gäbe.
Sämtliche Internetseiten und Apps müssten ebenfalls von Anfang an barrierefrei sein. „Sonst werden Menschen mit Behinderungen abgehängt.“ Wer sehbeeinträchtigt sei, brauche eine Vorlesefunktion, wer hörbeeinträchtigt sei, benötige bei Videoformaten Untertitel und Gebärdensprachdolmetschung. Menschen mit Lernschwierigkeiten wiederum bräuchten Texte in leichter Sprache.
In Deutschland leben laut Dusel rund 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen, darunter 8,5 Millionen Schwerbehinderte. Nur etwa drei Prozent würden mit Behinderungen geboren.