Eschede, Oldenburg (epd). Treffpunkte von Parteien können nach Ansicht des Oldenburger Verfassungsrechtlers Volker Boehme-Neßler nicht einfach verboten werden. Selbst im Fall der rechtsextremen NPD gebe es dabei hohe rechtliche Hürden, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die NPD sei 2017 vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten worden, erklärte Boehme-Neßler. „Sie genießt deshalb denselben besonderen Schutz durch die Verfassung wie alle anderen Parteien auch.“
In der Lüneburger Heide machen sich Initiativen für ein Verbot eines Zentrums der NPD in Eschede bei Celle stark. Sie wollen am Mittwoch eine Petition an Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) übergeben. Darin fordern sie ihn auf, Wege zu finden, um den Neonazi-Treffpunkt zu schließen. Nach Ansicht von Boehme-Neßler sind sie damit „politisch absolut im Recht“. Juristisch könnte ein Verbot aber schwer und allein strafrechtlich zu begründen sein.
Bei Straftaten wie dem Singen von Nazi-Liedern, dem Zeigen von verfassungsfeindlichen Symbolen oder dem Verteilen von Hetzschriften könne die Polizei einschreiten, erläuterte der Verfassungsrechtler. „Das Strafgesetzbuch ist da der Rahmen. Der Innenminister muss dafür sorgen, dass Gesetze durchgesetzt werden.“ Zwar habe das Bundesverfassungsgericht herausgearbeitet, dass die NPD sehr wohl ein verfassungs- und menschenfeindliches Weltbild vertrete. Doch für ein Verbot sei sie zu klein und unbedeutend.
Dass allein das Bundesverfassungsgericht Parteien verbieten dürfe, sei eine Lehre aus den Schwächen der Weimarer Verfassung und den Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur, sagte der Professor für öffentliches Recht. In der NS-Zeit seien andere Parteien verboten worden. „Wir brauchen Parteien für die politische Willensbildung.“ Auch eine mehrheitlich politisch nicht gewollte Partei dürfe deshalb von gegnerischen Parteien nicht behindert werden.
Die Parteien genössen daher auch einen höheren Schutz als etwa Vereine, führte Boehme-Neßler aus. In der Region nahe Eschede gab es bereits in der Vergangenheit jahrelange Proteste gegen Schulungszentren von Rechtsextremen. 1998 verbot der damalige niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) das Zentrum „Hetendorf 13“ nahe Hermannsburg mit der Begründung, die Betreiber-Vereine bekämpften die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik.