Nach Messerattacke: Ermittler werten beschlagnahmte Gegenstände aus

Nach Messerattacke: Ermittler werten beschlagnahmte Gegenstände aus
Bayerns Innenminister sieht klare Hinweise auf islamistische Motive
Weshalb hat ein 24-Jähriger am vergangenen Freitag drei Menschen in Würzburg erstochen und weitere schwer verletzt? Die Ermittler suchen weiter nach einem Motiv. Bayerns Innenminister sieht klare Hinweise für einen islamistischen Hintergrund.
28.06.2021
epd
Von Daniel Staffen-Quandt (epd)

Würzburg (epd). Nach der Messerattacke mit drei Toten und mehreren Schwerverletzen in Würzburg rätseln die Ermittler weiter über das Motiv des 24-Jährigen. Man sei derzeit dabei, die in der Obdachlosenunterkunft beschlagnahmten Gegenstände des Somaliers zu untersuchen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Montag. Unterdessen sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) klare Hinweise auf ein islamistisches Motiv.

Bei der Messerattacke am Freitag wurden drei Frauen im Alter von 82, 49 und 24 Jahren getötet. Der Täter sitzt wegen dreifachen Mordes, versuchten Mordes sowie gefährlicher Körperverletzung derzeit in Untersuchungshaft.

Der Sprecher des Landeskriminalamtes wollte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) keine Angaben dazu machen, welche Gegenstände die Polizei derzeit untersucht. Klar ist nur, dass sich zwei Handys darunter befinden, die dem Somalier gehören sollen. Der Inhalt werde nun übersetzt und anschließend bewertet, sagte der Sprecher. Genauere gesicherte Erkenntnisse zur Tat und zur Motivlage gebe es momentan nicht, die Ermittler arbeiteten aber mit Hochdruck.

Innenminister Herrmann sagte im Radiosender Bayern2, laut Zeugen habe der Täter im Kaufhaus „Allahu Akbar“ („Gott ist am größten“) gerufen, als er die ersten Stiche auf Personen verübt habe. Es gebe zudem weitere Aussagen, wonach der 24-Jährige davon gesprochen haben soll, die Tat sei „sein persönlicher Beitrag zum Dschihad“. In der Obdachlosenunterkunft habe man „einiges an Material gefunden, was auf islamistisches Propagandamaterial hindeutet“.

Der Terrorexperte des Londoner King's College, der Würzburger Peter Neumann, glaubt nicht, dass der Täter zur Islamistenszene gehört. Der Somalier habe sich - wie der Täter bei der Messerattacke 2017 in Hamburg - vermutlich „nur an die islamistische Ideologie drangehängt“, sagte er der „Main-Post“ (Montag). Beide hätten wohl psychische Probleme gehabt, dies schließe aber eine islamistische Motivation nicht aus. Bislang habe allerdings keine Terrororganisation die Tat für sich reklamiert.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, verurteilte am Montag in Berlin im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die „fürchterlichen, niederträchtigen Morde“ von Würzburg. Es sei „eine Tat von nicht zu begreifender Brutalität und Bösartigkeit“. Die Anteilnahme gelte den Opfern, den Angehörigen und den Augenzeugen. Die Kanzlerin sei dankbar für den Mut der Menschen auf der Straße, die sich dem Täter entgegengestellt und so womöglich weitere Morde verhindert hätten.

Zu einem möglichen Tatmotiv sagte Seibert, dieses herauszufinden, sei Aufgabe der Ermittler. Es gebe sowohl Hinweise auf islamistische Hass-Propaganda in der Wohnung des Mannes als auch auf psychische Probleme. Seibert warnte aber davor, von einem Täter auf andere Menschen derselben Ethnie, derselben Herkunft oder derselben Religion zu schließen. Er habe die Gewissheit, dass es „keine Religion gibt, die eine solche blindwütige hasserfüllte Tat in irgendeiner Weise rechtfertigt“.

Laut Innenminister Herrmann hätten die bisherigen Auffälligkeiten des Würzburger Täters nicht für eine Abschiebung gereicht. Die rechtlichen Hürden für eine Abschiebung von Menschen mit einem subsidiären Schutz seien hoch. Wenn anerkannte Asylbewerber Straftaten begingen, müsse „in einem nicht ganz einfachen Verfahren“ geprüft werden, inwieweit der Schutz aufgehoben werden kann, so Herrmann. Zunächst einmal würde auch eine Verurteilung „nichts an dem Asylschutz ändern“.