Hannover (epd). Als „echte Wunde in der Corona-Bilanz“ hat der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Zahl der Todesfälle in den Alten- und Pflegeheimen bezeichnet. Der Reformbedarf in der Altenpflege sei ihm schon vor Corona bewusst gewesen, sagte Weil am Donnerstag zum Auftakt eines Online-Kongresses unter dem Motto „Der Sozialstaat von morgen. Das Soziale neu denken“. Nun sei deutlich geworden, dass das System „auf Kante genäht“ sei und schon unter normalen Bedingungen am Rande seiner Möglichkeiten operiere: „In Pandemie-Zeiten ist es überfordert.“
Die Altenpflege sei geprägt durch eine „Überökonomisierung“, die nicht hilfreich sei, sagte Weil. Dies gelte auch für andere Bereiche wie etwa die Krankenhausversorgung, erklärte er mit Blick auf Befürworter von zentralen Großkliniken. Die dezentralen Angebote von Krankenhäusern im ganzen Land seien aber gerade in der Pandemie enorm wichtig gewesen, um sehr schnell und angemessen reagieren zu können.
Zu dem digitalen Sozialkongress mit rund 300 Teilnehmenden und mehr als 50 Referenten aus Gesellschaft, Wissenschaft und Politik hatten die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen eingeladen. Auf dem Programm standen Diskussionen zu den Themen Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Geschlechtergerechtigkeit, Armut und zum europäischen Vergleich der Sozialstaaten.