Berlin (epd). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat die vom Bundestag beschlossene Pflegereform als „Etikettenschwindel“ kritisiert und Änderungen verlangt. „Das Gesetz kommt einer Einladung zum Lohndumping gleich und muss unbedingt korrigiert werden“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte hingegen die Reform, räumte aber ein, dass sie nicht „das Ende der Pflegepolitik“ sei.
Hoffmann sagte, die Reform berge das Risiko, dass es zu massiven Unterbietungen bei den Löhnen komme. Richtig wäre es gewesen, sich bei Tarifbindungen an Flächentarifverträgen oder den Regelungen mit den Kirchen zu orientieren. „Jetzt wird stattdessen das regionale Tarifniveau zur Referenz gemacht“, kritisierte er.
Da könne auch ein bestehender oder schnell noch ausgehandelter Dumping-Haustarifvertrag zur Anwendung kommen, erläuterte Hoffmann: „Und das soll dann der Maßstab sein für die Erstattung über die Pflegekassen.“
Der Bundestag hatte am Freitag eine abgespeckte Pflegereform beschlossen, nachdem ein tiefgreifendes Vorhaben in dieser Legislaturperiode nicht zustande gekommen ist. Die Reform sieht unter anderem vor, dass Pflegeeinrichtungen ab September 2022 nur noch dann mit den Pflegekassen abrechnen können, wenn sie nach Tarifverträgen oder in ähnlicher Höhe bezahlen. Um Pflegebedürftige von steigenden Zuzahlungen zu entlasten, sollen sie Zuschläge bekommen.
Heil erklärte am Samstag, die Reform werde dazu führen, dass im Pflege-Bereich mehr Tarifverträge abgeschlossen werden. Für Pflegekräfte sei das eine echte Verbesserung, sagte der Minister bei der digitalen Jahrestagung des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD. Langfristig würden jedoch weitere Schritte gebraucht, unterstrich Heil und verwies erneut auf den an den Kirchen gescheiterten allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Pflege. Die Einladung stehe offen, das weiter zu diskutieren, sagte er.
Heil wollte eigentlich in dieser Wahlperiode einen Branchentarif erreichen. Der Bundestag hatte die Voraussetzungen geschaffen, damit dieser trotz des eigenen Arbeitsrechts der Kirchen, deren Wohlfahrtsverbände zu den größten Arbeitgebern in dem Bereich zählen, zustande kommen kann. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag scheiterte aber am Ende am Votum der katholischen Caritas. Die Kommission der evangelischen Diakonie hat letztlich nicht mehr darüber abgestimmt.