Berlin (epd). Innerhalb einer Woche hat der Bundestag Reformen in der Pflege beraten und am Freitag in Berlin mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen. Im Zentrum stehen Entlastungen für Heimbewohner und bessere Löhne für Altenpflegekräfte. Die Opposition stimmte geschlossen gegen das Gesetz. Linken und Grünen gehen die Verbesserungen nicht weit genug. Es sei höchstens ein „Pflegereförmchen“, sagte die Grünen-Abgeordnete Kordula Schulz-Asche.
Die FDP kritisierte die Pläne aus anderem Grund. Dies sei ein Eingriff in die Tarifautonomie. Auch die AfD lehnte die Einmischung des Staates ab. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dagegen verteidigte die Änderungen. Damit würden wichtige Verbesserungsschritte gegangen, sagte er. Für viele Pflegekräfte werde sich das „in Euro und Cent“ auszahlen.
Von September 2022 an sollen nur noch solche Einrichtungen mit der Pflegekasse abrechnen können, die Tariflöhne, Vergütungen nach dem kirchlichen Arbeitsrecht oder Löhne mindestens in gleicher Höhe bezahlen. Von den rund 1,2 Millionen Pflegekräften werden nur etwa die Hälfte nach Tarif bezahlt. Die Koalition hatte immer wieder eine Verbesserung der Löhne versprochen. Zuletzt war der Weg über einen Flächentarif an den Caritas-Arbeitgebern gescheitert.
Heimbewohner erhalten von 2022 an einen Zuschuss zu ihren seit Jahren steigenden Zuzahlungen. Mit der Dauer des Heimaufenthalts wird der Zuschuss zu dem pflegebedingten Eigenanteil von fünf Prozent im ersten Jahr auf 70 Prozent ab dem vierten Jahr stufenweise angehoben. In der ambulanten Pflege werden die Sachleistungs-Beträge für die Versorgung durch Pflegedienste um fünf Prozent erhöht. Das Pflegegeld für die Betreuung durch Angehörige steigt nicht.
Weitere Änderungen sollen den Pflegeberuf attraktiver machen. Dazu zählen mehr Entscheidungsbefugnisse für Pflegekräfte und langfristig Vorgaben für eine ausreichende Personalausstattung. Zur Gegenfinanzierung der steigenden Ausgaben erhält die Pflegeversicherung jährlich einen Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro. Weitere 400 Millionen Euro an Einnahmen soll eine Erhöhung des Beitragszuschlags für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkt bringen. Sie zahlen dann 3,4 Prozent ihres Einkommens für die Pflegeversicherung.
Sozial- und Fachverbände übten heftige Kritik an der Finanzierung der Reform. Nach Einschätzung des Spitzenverbandes der Kranken- und Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) steuert die Pflegeversicherung auf ein Milliarden-Defizit und Beitragserhöhungen zu. Der Sozialverband VdK erklärte, die Reform sei nicht gegenfinanziert. Die zusätzlichen Kosten würden durch versteckte Leistungskürzungen an anderer Stelle von den Pflegebedürftigen selbst getragen.