Wittekindshof-Chef: Freiheitsentziehende Maßnahmen verhindern

Wittekindshof-Chef: Freiheitsentziehende Maßnahmen verhindern
07.06.2021
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bad Oeynhausen (epd). Die Diakonische Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen reagiert nach Worten des theologischen Vorstands Dierk Starnitzke mit Strukturreformen, Gewaltprävention und personellen Konsequenzen auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. „Wir sind entschlossen, die Lebenssituation aller Klientinnen und Klienten grundlegend zu verändern“, sagte Starnitzke dem Evangelischen Pressedienst (epd). Neu aufgestellte Gewaltpräventionsteams prüften jetzt, wie Krisen vermieden werden könnten, sodass freiheitsentziehende Maßnahmen nicht zum Einsatz kommen müssten. Wo schwerwiegende Versäumnisse festgestellt worden seien, gebe es auch personellen Maßnahmen „bis zur Beendigung von Dienstverhältnissen“.

In der diakonischen Stiftung ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen 145 Beschuldigte, wie Anfang des Jahres bekannt geworden war. Ihnen wird Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Bei den freiheitsentziehenden Zwangsmaßnahmen soll es sich unter anderem um Gruppen- oder Zimmerverschluss sowie das Fixieren von behinderten Menschen gehandelt haben, ohne dass ein richterlicher Beschluss vorlag. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen würden von der Stiftung „vorbehaltlos unterstützt“, erklärte Starnitzke.

Der Geschäftsbereich, in dem Menschen mit herausforderndem Verhalten betreut wurden, sei aufgelöst worden, sagte der Wittekindshof-Vorstand. „Die Konzeption zur Unterstützung dieser Menschen wurde auf den Prüfstand gestellt und auf höchstem Niveau aktualisiert.“ Alle Mitarbeitenden in diesen Bereichen würden speziell geschult. Für die Belange von Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf sei ein zusätzlicher Fachdienst zuständig, der unter anderem die Einhaltung fachlicher Standards kontrolliere.

Die Begleitung der Menschen mit herausforderndem Verhalten soll in möglichst kleinen Einheiten organisiert werden, um eine Verdichtung dieser spezialisierten Angebote zu vermeiden und die Individualität auch organisatorisch zu unterstützen, erläuterte Starnitzke. Stufenreaktionspläne sollen in Krisen für Deeskalation sorgen. Wenn es keine Alternative zu einschränkenden Maßnahmen gebe, werde mit dem Vier-Augen-Prinzip gearbeitet: „Eine Person führt die Maßnahme durch, eine andere überwacht den Vorgang.“ Jede Maßnahme werde dokumentiert und täglich regelmäßig kontrolliert.

Die Betreuung in heilpädagogischen Intensivbereichen werde nun „zu einer personenzentrierten Intensivbetreuung“ umgestellt, kündigte Starnitzke an. "Unser Ziel ist, dem einzelnen Menschen passende fachliche Angebote für seine individuelle Unterstützung zu unterbreiten, anstatt ihn in vorhandene Strukturen einzupassen, erläuterte der Theologische Vorstand. Die Reformen sollen nach Worten Starnitzkes langfristig auf den gesamten Bereich der Stiftung ausgeweitet werden.