Berlin (epd). Wirtschaft, Pflegekassen und Sozialverbände sind unzufrieden mit den Reformen in der Pflege, die das Bundeskabinett voraussichtlich an diesem Mittwoch beschließen wird. Während Arbeitgeber und Kassen Finanzlöcher fürchten, kritisiert der Paritätische Gesamtverband, die Pflegebedürftigen könnten mit der versprochenen Entlastung nicht rechnen. Zu den Vorhaben gehört die lange umstrittene Verankerung von Tariflöhnen in der Altenpflege und eine finanzielle Entlastung von Heimbewohnern.
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, erklärte, die zusätzlichen Kosten seien schon im kommenden Jahr nicht mehr bezahlbar. Auch die Pflegekassen erklärten, die Änderungen könnten bereits 2022 zu höheren Beiträgen führen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer, erklärte, die nächste Bundesregierung werde „eine Reformbaustelle gewaltigen Ausmaßes erben.“ Prognosen des Spitzenverbands zufolge steuert die Pflegeversicherung, die im vergangenen Jahr dank der Corona-Hilfen noch nicht ins Minus gerutscht war, in diesem Jahr auf ein Defizit von rund zwei Milliarden Euro zu.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider kritisierte, von den Entlastungen für Heimbewohnerinnen und -bewohner profitierten nur Menschen, die mehrere Jahre im Heim leben. Auch der Kompromiss zur Entlohnung der Pflegekräfte falle weit hinter die Ankündigungen zurück, sagte Schneider. Die Patientenschützer warfen der Bundesregierung vor, Altenpflegerinnen gegen Pflegebedürftige in Stellung zu bringen, weil diese am Ende mit ihren Eigenanteilen für bessere Löhne aufkommen müssten. Außerdem gingen mehr als drei Millionen pflegebedürftige Menschen die zu Hause versorgt werden, bei den Entlastungen leer aus, monierte der Chef des Verbandes, Eugen Brysch.