Schutz von Risikogruppen bei Impfungen angemahnt

Schutz von Risikogruppen bei Impfungen angemahnt
Lauterbach: Angebot an nicht geimpfte Risikoträger machen
Die angekündigte Freigabe der Impfreihenfolge löst Diskussionen aus. Experten dringen darauf, noch nicht geimpfte Risikogruppen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Frankfurt a.M. (epd). Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, dringt nach der Ankündigung der Aufhebung der Corona-Impfpriorisierung auf den Schutz von Risikogruppen. „Es ist nach wie vor wichtig, jene zu schützen, die besonders gefährdet sind“, sagte sie „tagesschau.de“. Sie kritisierte zugleich, dass in einigen Bundesländern bereits jetzt die Impfreihenfolge aufgehoben wurde. Je mehr Menschen geimpft würden, desto mehr könne man sich auch von der Priorisierung lösen. „Entscheidend ist aber nach wie vor, dass die Menschen aus den Priorisierungsgruppen ein Angebot bekommen haben. Dann kann man die Impfungen für alle frei geben.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Montagabend angekündigt, dass Bund und Länder die Priorisierung bei den Corona-Impfungen vom 7. Juni an aufheben. Die Impf-Priorisierung mit einer festgelegten Reihenfolge soll dann bundesweit in allen Arztpraxen und regionalen Impfzentren sowie bei Betriebsärzten wegfallen. Damit sind dann alle Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren berechtigt, einen Impftermin zu vereinbaren.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich zuversichtlich zur geplanten Aufhebung der Impf-Priorisierungen. Zugleich pochte er darauf, Risikogruppen vorzuziehen: „Jetzt kommt es darauf an, die vielen noch nicht geimpften Risikoträger zu erreichen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Ab dem 7. Juni seien die Voraussetzungen für die Aufhebung der Impf-Priorisierung wahrscheinlich gegeben. „Allerdings sollte die Priorisierung bis zu diesem Zeitpunkt unbedingt eingehalten werden“, mahnte der Bundestagsabgeordnete.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sieht die Festlegung Spahns auf den 7. Juni als konkreten Termin skeptisch: „Das Ende der Priorisierung darf kein Datum bestimmen, sondern allein die Impfquote der Risikogruppen. Jedoch gibt es keine verlässlichen Daten darüber, wie weit der Impffortschritt bei den Menschen in gefährdeten Berufsgruppen und mit Vorerkrankungen ist“, sagt er „tagesschau.de“.

Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, sieht die Hausärzte durch die angekündigte Aufhebung der Corona-Impfpriorisierung überfordert. Nun seien auch die Bürger gefragt, nicht alle auf einmal und sofort in den Praxen anzurufen, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. Grundsätzlich sehe er aber die Aufhebung der Priorisierung positiv: Teilweise wollten Personen auch nicht geimpft werden. Deshalb müsse der Rest der Gesellschaft nicht darauf warten, dass alle geimpft seien, die nach der Reihenfolge eigentlich vor ihnen dran wären. Das zentrale Problem sei indes nicht die Impfpriorisierung, sondern der Mangel an Impfstoff.

Montgomery bemängelte zudem den langsamen Fortschritt bei der Digitalisierung von Impfnachweisen. Inzwischen gebe es in Deutschland eine Debatte, in der man mehr über den Missbrauch von digitialen Instrumenten rede als über ihren sinnvollen Gebrauch, sagte er.