Düsseldorf, Münster (epd). Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland kritisiert die Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts (OVG), wonach den Jesiden im Irak keine Gefahr mehr durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) droht. Das Urteil werde der realen Lebenssituation der Jesiden im Irak nicht gerecht, erklärte der Zentralrat am Dienstag in Düsseldorf. Die Unterdrückung und Ausgrenzung der Volksgruppe in der irakisch-muslimischen Gesellschaft werde „nach wie vor von einer übergroßen Mehrheit“ praktiziert. Die „Ideologie des Hasses“ des IS könne schnell wieder in die Tat umgesetzt werden.
In dem Urteil hatte das OVG in Münster erklärt, die Jesiden seien zwar 2014 vor einer drohenden Verfolgung aus dem Irak geflohen. Derzeit sprächen aber „stichhaltige Gründe“ gegen eine erneute Verfolgung der Glaubensgemeinschaft im Distrikt Sindjar durch den IS (AZ: 9 A 1489/20.A und 9 A 570/20.A). Der militärisch besiegte IS sei zwar als terroristische Organisation weiter aktiv, aber nicht so, dass jedem Jesiden eine Verfolgung drohe. Angehörige der Volksgruppe hätten deshalb auch keinen generellen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling, erklärte der 9. Senat des Gerichts.
Der Zentralrat der Jesiden in Deutschland verwies hingegen darauf, dass trotz der territorialen Niederschlagung des IS für die Jesiden im Irak weiterhin eine lebensbedrohliche Situation bestehe. Hinzu komme die Tatsache, dass sich im Untergrund aktive Schläferzellen des „Islamischen Staates“ organisierten und Terrorakte verübten. Die irakische Regierung übe zudem „keine effektive Staatsgewalt“ im Land mehr aus.