"Wir müssen dieses Leiden daran, dass wir nicht gemeinsam am Tisch des Herrn feiern können, wachhalten", sagte die baptistische Theologin und Kirchenhistorikerin Andrea Strübind (Oldenburg) am Samstag in Frankfurt am Main auf einem Live-Podium zum Schwerpunkt Ökumene. An der Diskussion nahmen Theologen aus der evangelischen und freikirchlichen, orthodoxen sowie römisch-katholischen Tradition teil.
Dabei wurde das 2019 veröffentlichte Dokument "Gemeinsam am Tisch des Herrn" des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) als wichtiger Beitrag zur Annäherung der Kirchen gewürdigt. Das Votum spricht sich für eine mögliche Teilnahme von Protestanten an der katholischen Eucharistie und von Katholiken am evangelischen Abendmahl aus, ohne dass konfessionelle Unterschiede geleugnet werden. Der Vatikan hatte gegenüber dem Papier theologische Zweifel geäußert.
Unterschiede verstehen und gelten lassen
Der katholische Theologe und Neutestamentler Thomas Söding (Bochum) sagte, Konsens in einer Frage bedeute nicht, "dass man nur immer noch dasselbe sagt". Konsens heiße auch, dass man Unterschiede verstehen, einschätzen und gelten lassen kann. Auch der Ökumenische Arbeitskreis sage nicht, dass volle Kirchengemeinschaft und volle Eucharistie- und Abendmahlsgemeinschaft bestehe, sondern "sagt, wir sind auf dem Weg und auf dem Weg kann man weiter gehen, als bislang gegangen worden ist."
Die Heidelberger Theologin und Systematikerin Friederike Nüssel betonte aus evangelischer Sicht, in der Feier des Abendmahls gehe es um "einen Vorgeschmack des Reiches Gottes" und der Erfahrung der Versöhnung mit Gott und untereinander. Sie sprach sich dafür aus, weiter im Gespräch zu bleiben. Man dürfe zudem nicht mit Unverständnis auf Positionen reagieren, die eine Öffnung ablehnen. In den evangelischen Kirchen sind römisch-katholische Christen wie alle Getauften zum Abendmahl eingeladen.
Griechisch-Orthodoxe lehnen gemeinsames Abendmahl ab
Die Kirchenhistorikerin Andrea Grünhagen, Pastoralreferentin in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (Hannover) nannte das ÖAK-Votum "ausgesprochen hilfreich". Ihre persönliche Einschätzung wäre allerdings die , "dass ich eher die Position der Glaubenskongregation teilen würde, dass es im Moment noch nicht möglich ist, eine gegenseitige Einladung zur Teilnahme auszusprechen." In der SELK sind lutherische Freikirchen zusammengeschlossen, die sich als Protest gegen die Einführung der Kirchenunion in Preußen im 19. Jahrhundert gegründet hatten. Die Freikirche hat eine theologisch-konservative Ausrichtung.
Erzpriester Martinos Petzold von der griechisch-orthodoxen Gemeinde Würzburg verteidigte die Ablehnung einer Abendmahlsgemeinschaft von Seiten der orthodoxen Kirche. Ein allgemeines Mahl aller sei in der orthodoxen Praxis und Tradition nicht vorgesehen.
Der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt am Main findet unter dem Leitwort "schaut hin" noch bis Sonntag statt. Wegen der Corona-Pandemie sind die Veranstaltungen überwiegend digital.